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Sucht am Arbeitsplatz – Immer noch ein Tabuthema?

In Deutschland leben 1,6 Mio. Menschen, die abhängig von Alkohol sind, 500.000 Menschen sind abhängig von Medikamenten und nochmal so viele sind glücksspielabhängig. 309.000 Menschen sind abhängig von Cannabis, 103.000 von Amphetaminen und 41.000 von Kokain. (Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen). Die Dunkelziffern sind in der Regel höher. Diese Zahlen sind auch für die betriebliche Gesundheitsförderung von Belang, berichtet Katrin Vosshage, Einrichtungsleitung der Lukas-Werk Fachambulanz Helmstedt im Interview.

Seit Jahren verstärken Arbeitgeber gesundheitsfördernde Maßnahmen, nicht nur um Fehlzeiten zu senken, sondern auch aus humanitären Gründen. Das Motto lautet: Hilfe ist gut – Vorbeugung ist besser, besonders im Bereich der Suchtmittel und Suchtverhalten. Was heißt das denn für Arbeitnehmer:innen?
Das heißt, dass der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht ernst nimmt und innerbetrieblich Unterstützung anbietet. Das beginnt ja schon mit der Arbeitssicherheit bis hin zu einzelnen Gesundheitstagen und Projekten. Auch Betriebs-und Personalräte sind aufgerufen, einen Beitrag zur Vorbeugung von Suchtmittelproblemen am Arbeitsplatz zu liefern.

Katrin Vosshage, Leitung Lukas-Werk Fachambulanz Helmstedt

Wie kann das aussehen?
Zum Beispiel mit einer Dienstvereinbarung, die dazu beiträgt, dass gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen klar benannt werden und wie interveniert wird, wenn es Auffälligkeiten gibt. Auf Führungskräfte kommt in der betrieblichen Suchtprävention eine verantwortliche Rolle zu. Diese kann Vorbildfunktion haben, denn oft sind es die kleinen Signale, die große Wirkung zeigen. Geschulte Führungskräfte können in ihren Teams z.B. über riskanten Alkoholkonsum und dessen Folgen sprechen und einfach eine offene Atmosphäre schaffen, in der man sich im Bedarfsfall auch eher traut, sich zu öffnen.

Was ist denn eigentlich „Sucht“? Wann ist man abhängig?
Diese Fragen bekommen wir im Lukas-Werk sehr häufig gestellt.  Abhängigkeit ist eine anerkannte Krankheit und hat nichts mit Charakterschwäche zu tun. Sie hat viele Gesichter und kann jeden Menschen betreffen. Die Entwicklung einer solchen Krankheit ist schleichend und individuell und lässt sich nicht an der Menge des Suchtmittels oder Regelmäßigkeit festmachen. Ich finde die Definition von Herrn Lindenmeyer ganz gelungen:

Die Bestimmung einer Abhängigkeit ist nur über ihre Folgen möglich. Abhängig von Suchtmitteln ist jede/r,

  • der die Einnahme eines Suchtmittels nicht beenden kann, ohne das unangenehme Zustände körperlicher oder seelischer Art auftreten,
    oder
  • der doch immer wieder so viel von einem Suchtmittel zu sich nimmt, dass er/sie sich oder andere schädigt.
    (aus: „Lieber schlau als Blau“, Johannes Lindenmeyer)

Wie beginnt denn so eine Abhängigkeit?
Der erste Kontakt mit Suchtmitteln ist sehr unterschiedlich, wobei wir eines alle gemeinsam haben: Das Ursprungsmotiv ist Neugier. Ich möchte wissen, wie etwas schmeckt oder wirkt, wie es sich anfühlt. Und je positiver die Erfahrungen sind, desto leichter ist es, das Verhalten fortzusetzen.  So schleichend kann schon der Übergang von einem Genuss zu einer Gewöhnung sein.

Dann ist man ja noch nicht abhängig, oder?
Nein, wichtig ist zu bemerken, wann z.B. das Glas Rotwein zur Entspannung auf der Couch zur Selbstverständlichkeit wird. Wenn ich anfange das Suchtmittel oder Suchtverhalten gezielt einzusetzen, zum Beispiel um mir mit einem Glas Sekt etwas Mut zu machen vor einem unangenehmen Termin, das sollte ein Alarmsignal sein.

Und wann kommt dann die Abhängigkeit?
Nach der Gewöhnung kommt die Phase des schädlichen Konsums und dann ein schleichender Übergang in die Abhängigkeit. Das passiert bei jedem unterschiedlich schnell oder langsam.

Das Gute ist, das jeder Mensch sein Verhalten zu jedem Zeitpunkt verändern kann, sofern der Wunsch besteht.

Wohin kann ich mich wenden?
Die Lukas-Werk Gesundheitsdienste sind seit 1978 für alle Menschen da, die Fragen haben zum Konsum von Suchtmitteln (Alkohol, Drogen, Medikamente, Nikotin, etc.) oder zu Suchtverhalten (Glücksspiel, Sportwetten, Mediennutzung, etc.) haben. Wir beraten Sie anonym und kostenlos, egal ob Sie selbst betroffen sind, oder jemand aus Ihrem Umfeld, um den Sie sich Sorgen machen. Wann ist der „richtige“ Zeitpunkt zu uns zu kommen? Sobald Sie das Gefühl haben, mit jemand neutralem über das Thema sprechen zu wollen, vertrauen Sie Ihrem Gefühl. Rufen Sie uns an und vereinbaren Sie einen Beratungstermin.  

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