Familie Hampel wohnt zusammen im Rittergut

Wenn Liebe und Schicksal sich begegnen

An der Tür steht „Hier wohnt Familie Hampel“. Es ist warm im Zimmer. Walter Hampel (87) sitzt in einem alten Sessel, das rosa Hemd frisch gebügelt und lächelt. Christa Hampel (87) steht mit ihrem Rollstuhl vor einem der Pflegebetten, die über Eck im Zimmer stehen. Auf einem von ihnen hat es sich Sohn Clemens (51), lang ausgestreckt, gemütlich gemacht. Seit drei Jahren wohnt die Familie im Senioren- und Pflegeheim Haus der helfenden Hände in ihrem Heimatort Beienrode.

Es war 1955, auf dem Schützenfest im Dorf, als sich Walter und Christa Hampel kennenlernten. „Da war so ein junger Mann, der hat mich immer zum Tanzen aufgefordert“, erzählt Christa mit einem Lächeln. „Der hat nicht lockergelassen. Dabei habe ich mir eigentlich einen viel größeren Mann gewünscht“, lacht sie. Und als es nach mehreren Treffen irgendwann zum ersten Kuss kam, hat Walter ihr gesagt: „Ich möchte 60 Jahre mit dir zusammen sein.“ Inzwischen sind es schon 65 Jahre; seit 1956 sind die beiden verheiratet.

Christa mochte an Walter einfach seine ganze Art. Er war in keiner Weise aufdringlich und hat sich damit langsam in ihr Herz geschlichen. Und er mochte an ihr die roten Haare, die inzwischen weiß sind, und ihre Sommersprossen: „Die habe ich dir weggeküsst!“, erinnert sich Walter keck. Die beiden können sich nie richtig böse sein. Zum Streit kam es höchstens mal, wenn er sonntags morgens zum Frühschoppen ging, gesteht Christa. „Unsere Meinung konnten wir uns immer sagen, aber mit Walter kann man gar nicht richtig streiten.“

Der gelernte Maurer hat auch das gemeinsame Haus in Beienrode gebaut, in dem sie bis zum Umzug ins Pflegeheim wohnten. Wenn Christa vom Haus spricht, hat sie Tränen in den Augen, die zeigen, wie sehr sie das eigene Heim vermisst. Hier hat sie gerne gekocht und gebacken. Hier hat sie, zusammen mit Walter, den gemeinsamen Sohn Clemens großgezogen.

Clemens. Er war, wie Christa sagt, bis zum dritten Lebensjahr ein fideler Junge. Dann bekam er plötzlich hohes Fieber, dessen Auslöser der Arzt nicht richtig erkannte. Nach drei Tagen mit hohem Fieber und keinerlei Besserung entschieden sich die Hampels zur Fahrt ins Krankenhaus. Diagnose: Hirnhautentzündung. Für die damals jungen Eltern ein Schock und ein Ereignis, das das gesamte weitere Leben bestimmen sollte. Drei Wochen war Clemens im Krankenhaus. Drei Wochen, in denen die Eltern aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht zu ihrem Sohn durften – eine ganz schlimme Situation, wie Christa emotional beschreibt. Danach war nichts mehr wie zuvor, das Leben hatte sich verändert.

Christa und Walter sind immer in Sorge um Clemens. Durch die Hirnhautentzündung hat das Nervensystem von Clemens Schaden genommen und damit auch die Entwicklung des damals kleinen Jungen beeinflusst. Clemens hat eine intellektuelle Behinderung, er kann nicht richtig hören, nicht richtig sprechen, die Koordination ist für ihn schwierig. Die Hampels haben sich aber nicht unterkriegen lassen, das Schicksal hat sie zusammengeschweißt. Ein Ausgleich war und ist das gemeinsame Musizieren mit den Drehorgeln – die sind mit in das Seniorenheim gezogen. Ihr Rezept für ein gelingendes, gemeinsames Leben: Vertrauen zueinander und Verständnis füreinander.

Als Christa vor drei Jahren einen Schlaganfall erleidet, und seitdem im Rollstuhl sitzt, entschieden sie sich für den Umzug in das Rittergut, auch wenn es ihnen schwerfiel. „Aber uns geht es hier sehr, sehr gut“, betont Walter. Sie sind sehr glücklich, dass sie zusammen als Familie in ein Doppelzimmer und ein Einzelzimmer einziehen konnten. Christa betont: „Ich wünsche mir, dass wir drei im Rittergut noch lange gemeinsam leben. Und es ist beruhigend zu wissen, dass Clemens hier gut gepflegt wird, wenn wir mal nicht mehr sind.“

„Ich wünsche mir, dass wir drei hier noch lange gemeinsam leben. Und es ist beruhigend zu wissen, dass Clemens hier gut gepflegt wird, wenn wir mal nicht mehr sind.“


Christa Hampel

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