Symbolbild

Konsum so sicher wie möglich

Heute ist der internationale Tag gegen Drogenmissbrauch. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat diesen Tag 1987 ins Leben gerufen, um Maßnahmen zu stärken und eine Gesellschaft ohne Drogenmissbrauch zu fördern. Das Lukas-Werk unterstützt dieses Vorhaben und möchte den Weltdrogentag in diesem Jahr nutzen, um den Fokus auf einen bestimmten Arbeitsbereich im Rahmen der Prävention zu lenken.

Wie können wir Menschen helfen, die Drogen konsumieren? Menschen, für die Abstinenz keine Option ist? Die langjährig Kokain, Heroin oder Speed zu sich nehmen – häufig in Verbindung mit Alkohol und anderen Drogen?

Anlaufstellen des Lukas-Werkes

In Peine und Wolfenbüttel halten wir für diese Menschen zwei Anlaufstellen vor: Das Kontaktcafé Ankerpunkt (Peine) und das Cafés Clara (Wolfenbüttel). Denn aufgrund ihrer Lebensumstände können oder wollen sie keine höherschwelligen Angebote der Suchthilfe wahrnehmen. Viele von ihnen leiden unter den physischen, psychischen und sozialen Folgen des langjährigen Drogenkonsums.

Beratung im Café Clara in Wolfenbüttel

Konsum akzeptieren

Beide Einrichtungen richten sich an drogengebrauchende Menschen in den jeweiligen Landkreisen und haben die Verbesserung der Lebensumstände der Klient:innen zum Ziel. „Hierbei arbeiten wir ergebnissoffen nach dem akzeptierenden Ansatz. Eine abstinente Lebensweise ist für die Nutzung unserer Angebote keine Voraussetzung“, berichtet Sozialarbeiter David Röker aus dem Peiner Kontaktcafé Ankerpunkt. Sollte eine Verbesserung nicht möglich sein, gelte es den Status Quo aufrecht zu erhalten bzw. die Verschlimmerung der Lebensumstände abzumildern. „Besucher:innen können bei uns genau die Angebote nutzen, die ihren individuellen Möglichkeiten entsprechen.“

Dartscheibe im Café Clara

Geschützte Räume

Mit den Kontaktcafés bietet das Lukas-Werk niedrigschwellige Möglichkeiten der Betreuung und Beratung. „Wir wollen drogengebrauchenden Menschen einen geschützten Aufenthaltsraum bieten, in dem sie sich, im Rahmen der Hausordnung, frei entfalten dürfen“, sagt Sozialarbeiter Lukasz Pobieda, der im Café Clara in Wolfenbüttel arbeitet. In den Kontaktcafés darf weder konsumiert, noch gedealt werden. Außerdem ist die Anwendung von körperlicher oder verbaler Gewalt untersagt. „Unsere Besucher:innen müssen in der Regel vielfältige Folgeerscheinungen des Konsums bewältigen. Neben der Beratung unterstützen wir auch bei lebenspraktischen Anliegen, z.B. bei Behördengängen. Bei Bedarf helfen wir auch bei der Vermittlung in weiterführende Angebote.“

Unterschiedliche Arten von Prävention

Um besser verstehen zu können, warum auch Menschen, die sich für den Gebrauch von Drogen entschieden haben, von Suchtprävention profitieren, lohnt ein Blick auf den Begriff „Prävention“. In der Suchthilfe wird zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention unterschieden. Erstere umfasst sämtliche Maßnahmen, die einer Abhängigkeit vorbeugen. Bei der Sekundärprävention geht es um Angebote, die der Früherkennung einer Sucht dienen. Ist die Abhängigkeitserkrankung jedoch bereits zu Tage getreten, besteht die Möglichkeit eine Abstinenz anzustreben bzw. die Begleitumstände der Abhängigkeitserkrankung positiv zu beeinflussen. In diesem Fall sprechen Experten von der Tertiärprävention.

Fokus: Schadensbegrenzung (Harm Reduction)

„Da sich unsere Besucher:innen meist bewusst gegen therapeutische Maßnahmen entscheiden, liegt der Fokus unserer Arbeit darauf, den Konsum so sicher wie möglich zu gestalten. So bieten wir im Sinne der sogenannten Harm Reduction (Schadensbegrenzung) die kostenfreie Abgabe von sauberen bzw. sterilen Konsumutensilien an drogengebrauchende Menschen an, um sie vor der Ansteckung mit HIV, Hepatitis und anderen bakteriellen Infektionen, durch einmalige Anwendung, zu schützen“, erläutert David Röker.

Übergabe Safer-Use-Päckchen

Steriles Besteck durch Spritzenautomaten

Die sterilen Konsumutensilien werden von der AIDS-Hilfe Braunschweig im Rahmen der Kampagne „Safer Use – vom Harz bis ans Meer“ der AIDS-Hilfe Niedersachsen zur Verfügung gestellt. Bei Bedarf außerhalb der Öffnungszeiten des Kontaktcafes können Konsument:innen im Landkreis Peine einen Spritzenautomaten nutzen, über den rund um die Uhr für 50 Cent Päckchen mit entsprechenden Konsumsets gezogen werden können. Der Automat wird durch den Verein JES (Junkies, Ehemalige und Substituierte) befüllt. Zusätzlich kommt in Peine Imke Hoffmann von der Braunschweiger AIDS-Hilfe zum monatlichen Frühstück ins Kontaktcafé Ankerpunkt und bietet dort einen kostenfreien HIV-Test und Beratung an.

Das Lukas-Werk in Wolfenbüttel setzt sich derzeit dafür ein, dass auch dort ein Spritzenautomat installiert wird. „Oftmals wird kritisch angemerkt, dass die Ausgabe von Konsumutensilien zu mehr Konsum führe, weil Drogengebrauchende im Anschluss gezielt entsprechende Substanzen erwerben und diese konsumieren. Dies ist aber nicht der Fall“, sagt Lukasz Pobieda vom Café Clara. Die Praxis zeige, dass die Konsumsets entweder zum direkten Gebrauch von bereits erworbenen Substanzen oder auf Vorrat geholt werden, um sie für den sicheren Konsum vorrätig zu haben. „Durch die Abgabe von sauberen bzw. sterilen Konsumutensilien sinkt die Zahl frühzeitiger Todesfälle im Zusammenhang mit Substanzkonsum merklich“, so Pobieda weiter. Gleichzeitig steigt auch der Altersdurchschnitt der Besucher:innen der Kontaktcafés. Das stellt die Suchthilfe zukünftig vor ganz neue Herausforderungen. „Es drängt sich die Frage nach Angeboten für drogenkonsumierende Menschen auf, die pflegebedürftig sind.“

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