Zeichnung der Papiermühle in Neuerkerode

Unsere Geschichte

Wie alles begann

Als der Gründungsvater der Evangelischen Stiftung Neuerkerode, Pastor Gustav Stutzer, am 1. Mai 1867 in seinem Arbeitszimmer in Erkerode saß, wurde er zufällig auf einen Zeitungsartikel aufmerksam, der einen entscheidenden Einfluss auf seine weitere Arbeit haben sollte. Stutzers Tochter Mine klopfte an die Türe und überbrachte dem Vater die in Zeitungspapier eingeschlagenen neuen Stiefel. Erst wollte er das Papier wegwerfen, als sein Blick auf einen Artikel unbekannten Verfassers fiel. Dieser stellt die Frage: Warum gibt es keine adäquaten Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung, wo doch andererseits so viel für psychisch erkrankte Menschen getan werde?

Stutzer war bewegt, denn er selbst hatte die Missstände der Armen in den Dörfern bemängelt und sich für eine adäquate Fürsorge von Menschen mit Behinderung eingesetzt. Als Stutzer im Herbst 1867 auf einer Bauernhochzeit in Erkerode war, berichtete er den Gästen von seiner Idee, eine Anstalt zu gründen, in der die Mädchen und Burschen mit einer Behinderung eine Zuflucht und ein Zuhause erhalten sollten. Wie es Brauch war, sammelte man auf Hochzeiten für einen guten Zweck. Daraufhin gab ein Hofbesitzer einen Taler und bald legten auch die anderen Gäste Geld dazu, so dass ganze sieben Taler zusammenkamen. Stutzer war gerührt und bedankte sich herzlich für die Hilfsbereitschaft.

Er fasste Mut und schrieb dem unbekannten Verfasser des Zeitungsartikels von seiner Idee. Kurz darauf erhielt er Antwort von der Bankierstochter Luise Löbbecke, die sich zu dem Artikel bekannte. Sie war als Wohltäterin der Braunschweigischen Gesellschaft bekannt und von der Idee Stutzers so angetan, dass sie ihm kurzfristig 1.000 Taler als Anschubfinanzierung zur Verfügung stellte und sich in der Gesellschaft für Stutzers Idee aussprach. Bald kamen weitere Spenden zusammen und mit Hilfe des Arztes Dr. Oswald Berkhan konnte die „Anstalt zu Erkerode“ am 13. September 1868 gegründet werden.

Inzwischen, mehr als 150 Jahre später, besteht die Unternehmensgruppe der Evangelischen Stiftung Neuerkerode (esn) aus 16 Gesellschaften, die sich in den Hilfefeldern Behindertenhilfe, Arbeit und Qualifizierung, Gesundheit und Rehabilitation sowie Pflege- und Seniorenhilfe engagieren. 3.500 Mitarbeitende und 200 Auszubildende kümmern sich an rund 75 Standorten in Südostniedersachsen täglich um 4.500 Menschen, die Unterstützung benötigen.

Im Zentrum unseres Handelns steht immer der Mensch.

Schwarz weiß Bild. An der Wabe (Fluss) spielende Kinder um 1910.

Die Gründungsmitglieder der Evangelischen Stiftung Neuerkerode

Gustav Stutzer

Der Gemeindepastor Gustav Stutzer (1839 - 1921) war von der Not der vielen, in den Dörfern lebenden, behinderten Menschen ergriffen, die häufig sich selbst überlassen wurden, für die es keine adäquate Betreuung gab und für die keine staatliche Fürsorge vorgesehen war. Er gründete mit Hilfe der Bankierstochter Luise Löbbecke und dem praktizierenden Arzt Dr. Oswald Berkhan am 13. September 1868 die Anstalt zu Erkerode, später Evangelische Stiftung Neuerkerode.

Zeichnung von Luise Löbbecke

Luise Löbbecke

Die Bankierstochter Luise Löbbecke (1808 - 1892) war in der Braunschweigischen Gesellschaft für ihr soziales Engagement bekannt. Sie war von der Idee Stutzers so angetan, dass sie ihm kurzfristig das Gründungskapital zur Verfügung stellte und weitere Fürsprecher und Sponsoren in der Region warb. Sie war die erste Ehrenbürgerin der Stadt Braunschweig.

Oswald Berkhan

Dr. Oswald Berkhan

Der Mediziner und praktizierende Arzt Dr. Oswald Berkhan (1834 - 1917) war ein Reformer seiner Zeit. Er erkannte schon früh, dass Menschen mit Behinderung eine besondere Fürsorge brauchen, um ihre Persönlichkeit zu entwickeln. In seinen medizinischen Fachartikeln legte er bereits damals den Grundstein für den heilpädagogischen Betreuungsansatz in der Behindertenhilfe und stand Stutzer fachlich zur Seite.

Direktoren der Evangelischen Stiftung Neuerkerode

Pfarrer Gustav Stutzer Gründunsmitglieder der Evangelischen Stiftung Neuerkerode. Direktor von 1868 – 1880.

Pastor Karl Palmer 1880 – 1905.

Portrait von Pastor Broistedt

Pastor Wilhelm Broistedt 1905 – 1915. 
Wilhelm Broistedt ist im 1. Weltkrieg an der Front in Russland 1915 gefallen.

Pastor Ludwig Beyer 1915 – 1941.

Pastor Arthur Fehr 1941 - 1942. 

August Ahlborn 1942 - 1945.

Pastor Arthur Fehr wird erneut Direktor der esn von 1945 – 1972.

Pastor Joachim Klieme 1972 – 1990.

Pastor Bernhard Isermeyer 1990 – 2005.

Pastor Rüdiger Becker, Vorstandsvorsitzender und Direktor der esn 2005-2021. 
Der 59-jährige passionierte Pfarrer, fünffache Vater und Menschenfreund leitete die Geschicke der esn seit dem 1. Oktober 2005 und entwickelte die über 150 Jahre alte Stiftung zu einem umfassenden Versorgungsnetzwerk zur Förderung von Inklusion, Gesundheit und Lebensqualität. Am Dienstag, den 14. September 2021, ist Rüdiger Becker an den Folgen eines schweren Fahrradunfalls verstorben.

Leben und Werdegang von Rüdiger Becker

Historisches Bild von 1912. Frauen mit Behinderungen stehen in Kleidern und weißen Schürzen vor auf einer Treppe.
Historisches schwarz Weiß Bild zeigt Gaertner bei der Arbeit

Meilensteine unserer Unternehmensgeschichte

1868
Gründung der "Anstalt zu Erkerode" am 13. September.

1870
Der "Erziehungs- und Pflegeanstalt" werden die Rechte einer "Milden Stiftung" verliehen.

1872
Eine ehemalige Papiermühle bei Sickte wird zum ersten Wohnhaus in Neu-Erkerode.

1873
Zusätzlich zu den Bereichen Landwirtschaft, Gärtnerei und Hauswirtschaft werden Werkstätten als behindertengerechte Arbeitsplätze eingerichtet.

1905
In Neuerkerode werden inzwischen über 300 Menschen mit einer geistigen Behinderung betreut.

1938-1945
Die NS-Zeit trifft Neuerkerode schwer. Gottesdienste werden verboten, die Versorgungslage für die Menschen ist dramatisch, die Euthanasiegesetze wirken sich deutlich aus. In den Jahren von 1940 bis 1945 wurden 180 behinderte Frauen, Kinder und Männer in sieben Transporten - u.a. mit "Grauen Bussen" zwangsweise aus Neuerkerode verlegt.

1941
Neuerkerode wird vom Braunschweigischen Staatsministerium zu einer Stiftung öffentlichen Rechts erklärt und damit quasi vom Staat beschlagnahmt.

1945
Nach der Befreiung des Braunschweiger Landes im April tritt Neuerkerode wieder der Inneren Mission (heute Diakonisches Werk) bei.

1963
Die ersten Zivildienstleistenden treten ihren Dienst in Neuerkerode an.

1968
Die Neuerkeröder Anstalten kaufen den von Stutzer ebenfalls gegründeten "Theresienhof" in Goslar und nutzen ihn als Altenheim.

1972
In Neuerkerode werden 879 BewohnerInnen von 134 MitarbeiterInnen im Pflegedienst betreut.

Im Oktober wird die „Lehranstalt für Heilerziehungshelfer“ eröffnet.

1975
Eröffnung des „Peter und Paul“ Kindergartens.

In der Lehranstalt in Neuerkerode wird ein weiteres Ausbildungsfach zum „Heilerziehungspfleger“ angeboten.

1976
Die Neuerkeröder Anstalten eröffnen in Goslar die Fachschule für Altenpflege.

1980
Die erste Heimbewohnervertretung, die sich später Bewohnervertretung und heute selbstbewusst Bürgervertretung nennt, wird gewählt.

1989
Die "Neuerkeröder Anstalten" werden in die "Evangelische Stiftung Neuerkerode" (esn) umbenannt.

1998
Die Theatergruppe "Theater Endlich" gründet sich in Neuerkerode.

2000
Neuerkerode nimmt an der Expo 2000 in Hannover teil.

2001
Das Seniorenwohnheim "Haus der helfenden Hände" auf dem Rittergut in Beienrode wird von Neuerkerode übernommen.

2007
Mit einem energetischen Konzept "Neuerkerode 2015" verschafft sich die esn bundesweit Aufmerksamkeit und starke Resonanz.

2008
Neuerkerode übernimmt die Trägerschaft des Familienentlastenden Dienstes (FED) in Braunschweig.

2009
Die inklusive Band "The Mix" wird gegründet. Sie besteht aus 12 Menschen mit und ohne Behinderung.

2010
Die Neuerkeröder Kunstwerkstatt "Villa Luise" wird eröffnet. Sie bietet etwa 40 Künstler:innen Arbeits- und Ausstellungsräume.

2011
Die ESN nimmt am Dorferneuerungsprogrammdes Landes Niedersachsen teil.

2012
Operativ tätige Geschäftsbereiche werden in eigenständige Gesellschaften ausgegliedert.

Die Evangelische Stiftung Neuerkerode übernimmt die "Lukas-Werk Suchthilfe gGmbH" und die "Diakonie gGmbH Wolfenbüttel".

Eine neue Werkstatt für Menschen mit Behinderung wird in Rautheim eröffnet.

2013
Die Neuerkeröder Wirtschaftsbetriebe eröffnen "Bistro Flintstone" im Paläon Schöninger Speere.

2014
Die Stiftung übernimmt die Klostergärtnerei in Riddagshausen.

Die Fachschule für Heilerziehungspflege kehrt an den Standort Neuerkerode zurück.

2015
Kooperation zwischen Evangelischer Stiftung Neuerkerode und der Ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift.

2016
Die Neuerkeröder Qualifizierungsbetriebe GmbH, die Neuerkeröder Wirtschaftsbetriebe GmbH, die Marienstift Service gGmbH und die Neuerkeröder Werkstätten GmbH gehen in die Mehrwerk gGmbH über.

2017
Die Evangelische Stiftung Neuerkerode kauft das ehemalige Krankenhaus St. Vinzenz Braunschweig.

Im Krankenhaus Marienstift eröffnen die Lukas-Werk Gesundheitsdienste das MZEB (Medizinisches Zentrum für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen).

2018
Die Evangelische Stiftung Neuerkerode feiert ihr 150-jähriges Bestehen. Die Graphic Novel "Der Umfall" von Mikael Ross erscheint.

Die Tagespflegen am Rittergut Beienrode und am Theresienhof in Goslar werden eröffnet.

Der qualifizierte Inklusionsbetrieb Sprössling gGmbH wird gegründet.

Das Grüne Zentrum in der Klostergärtnerei Riddagshausen wird eröffnet.

2019
Das Krankenhaus Marienstift eröffnet eine Zentrale Notaufnahme.

Der multi-inklusive Kuba-Bildungscampus der Mehrwerk gGmbH in Wolfenbüttel wird eröffnet.

Die SAPV Harz-Heide gGmbH wird gegründet.

2020
Die Ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift wird 150 Jahre alt.

Die Gründung des Zentrum Würde am Marienstift wird beschlossen.

Der Standort St. Vinzenz wird nach zweijährigem Umbau eröffnet (stationäre Pflege- und Seniorenhilfe, Tagespflege, Verwaltung Diakoniestationen Harz-Heide).

Der Standort Quartier St. Leonhard wird eröffnet (Wohnangebot für Menschen mit Behinderung, Tagespflege, Service-Wohnungen, Fachambulanz und Tagesklinik für Abhängigkeitserkrankungen und Fachklinik für Psychosomatik).

2021
Die esn veröffentlicht unter dem Motto „Im Miteinander liegt das Glück“ ein neues Markenkonzept.

Die Diakoniestationen Harz-Heide übernehmen die Diakoniestation Liebenburg-Luther im Ortsteil Othfresen.

Im September ereilt die esn ein schwerer Schicksalsschlag: Rüdiger Becker, seit 2005 Vorstandsvorsitzender und Direktor, verstirbt an den Folgen eines Fahrradunfalls.

Die Diakoniestation Gifhorn eröffnet eine Tagespflege in Groß Schwülper.

Die Klinik für Inklusive Medizin (KIM) wird im Krankenhaus Marienstift in Braunschweig eröffnet.

Der Jägerhof in Riddagshausen öffnet als Einrichtung für verhaltensauffällige Jugendliche.

Tobias Henkel wird als neuer Vorstandsvorsitzender der esn vom Stiftungs- und Verwaltungsrat ernannt. Der Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme wird erst im Jahr 2022 sein.

Die Diakoniestationen Harz-Heide übernehmen Anteile an der Diakoniestation Eschede Lachendorf.

2022
Tobias Henkel nimmt seine Arbeit als neuer Vorstandsvorsitzender der esn am 1. Februar auf. 

Ministerpräsident Stephan Weil zeichnet die Neuerkeröder Bürgervertretung für ihr Ehrenamtliches Engagement aus.

Die Klostergärtnerei Riddagshausen erhält die Zertifizierung als Bioland-Betrieb.

Der Tag der offenen Tür am Neubau vom Theresienhof Goslar ermöglicht Interessierten unmittelbar vor der Eröffnung im Juli einen Blick hinter die Kulissen.

Die Diakoniestation eröffnet einen Ambulante Pflegedienst in Kissenbrück, der vom DRK übernommen wurde.

Arbeitsminister Hubertus Heil besucht im Rahmen seiner Sommerreise das inklusive Dorf Neuerkerode.

Ministerpräsident Stephan Weil besucht den Neubau vom Krankenhaus Marienstift.

Am Neubau der Krippe neben der Kita Peter und Paul in Neuerkerode wird Richtfest gefeiert.

Die neu gegründete Evangelische Stiftung St. Vitus Seesen mit den Betriebsteilen St. Vitus Ev. Alten- und Seniorenzentrum Seesen gGmbH sowie St. Vitus Seniorenwohnen gGmbH sind ab sofort Teil der Unternehmensgruppe esn.

Zum Ende des Jahres versterben mit Schwester Christa Voges und Schwester Christa Vasterling die vorletzten Diakonissen am Marienstift.

2023
Mirko Bloemke wird neuer Geschäftsführer der gesamten stationären Altenhilfe in der esn und ist somit für Bethanien, St. Vinzenz, Haus der helfenden Hände, Theresienhof und St. Vitus in Seesen zuständig.

Die Chirurgische Klinik erhält als einzige Klinik in Braunschweig die Zertifizierung als Kompetenzzentrum für Hernienchirurgie.

Margrit Weithäuser geht als Schulleiterin am Bildungszentrum Marienstift in den Ruhestand, ihre Nachfolge tritt Katja Watzl an.

Das Ambulante Haus „Lebensglück“ wird in Gamsen eröffnet, dort befindet sich die Diakoniestation Gifhorn, eine Tagespflege sowie eine Senioren-WG.

Dr. med. Udo Rudolf Schwippel geht nach 20 Jahren im Krankenhaus Marienstift in den Ruhestand, sein Nachfolger als Ärztlicher Direktor wird Dr. med. Henning Cuhls.

Das inklusive Quartier St. Leonhard wird eröffnet. Die esn ist mit folgenden Einrichtungen vertreten: Tagespflege und SAPV, Servicewohnen, Wohnen sowie Tagesförderung für Menschen mit Behinderung und Fachambulanz Braunschweig sowie zwei Reha-Tageskliniken für die Bereiche Psychosomatik bzw. Abhängigkeitserkrankungen.

Die Diakoniestation Nordharz wird gegründet – dazu gehören die Stationen Goslar, Kissenbrück, Liebenburg-Lutter, Vienenburg und Langelsheim.

Die Außenanlage zum Anbau der Krippe neben der Kita Peter und Paul in Neuerkerode wird eingeweiht.

Mit Schwester Dorothea Wolf stirbt die letzte Diakonisse der Ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift in Braunschweig.

Der Umzug in den Neubau des Krankenhauses Marienstift erfolgt, lediglich die neuen Kreißsäle und OPs können noch nicht bezogen werden.

Chronik

Die esn unterstützt seit über 155 Jahren Menschen mit besonderem Hilfebedarf, zur Förderung von Teilhabe und Inklusion in unserer Gesellschaft. Begleiten Sie uns auf unseren historischen Spuren.

Chronik zum Download

Social media