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Von Demenzerkrankten lernen und Möglichkeiten des Umgangs finden

Vielen Menschen fällt der Umgang mit demenziell veränderten Angehörigen nicht leicht. Heike Heckmann, Leiterin des Kirchlichen Dienstes am Marienstift, zeigt Ihnen in Workshops validierende Methoden auf, die den Umgang erleichtern.

Tod und Abschiednehmen ist etwas, das viele Menschen so lange wie möglich von sich wegschieben. Doch spätestens, wenn Angehörige ein hohes Alter erreicht haben oder krank werden, sind wir dazu aufgefordert, uns mit diesem Thema auseinandersetzen. Leidet die Person, die am Ende ihres Lebens steht, zudem noch unter einer demenziellen Erkrankung, gestaltet sich die Situation zusätzlich schwieriger: Angehörige plagen oft Gewissensbisse und Schuldgefühle, die das ganzheitliche Abschiednehmen überschatten.

Die Diakonissenfigur steht vor dem Krankenhaus Marienstift in Braunschweig.

Solche Situationen brauchen nicht alleine gemeistert werden. Heike Heckmann begleitet seelsorglich die Bewohnerinnen und Bewohner der Braunschweiger Seniorenheime Bethanien und St. Vinzenz, deren Angehörige und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Einrichtungen.

Bevor sie ihren Dienst in der ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift Braunschweig antrat, begleitete sie über viele Jahre, zunächst als Krankenschwester und ehrenamtliche Hospizmitarbeiterin und anschließend als Hospizkoordinatorin schwerstkranke und sterbende Menschen am Lebensende, unter anderem auch viele Personen mit einer Demenzerkrankung.

Heike Heckmann leitet das Zentrum Würde am Marienstift.

Sie absolvierte Zusatzausbildungen zur Trauerbegleiterin, Palliativ-Care Fachkraft und zur Kursleiterin für die „Letzte-Hilfe-Kurse“ – und bietet über das Zentrum Würde am Marienstift unter anderem Validations-Workshops an, um Menschen in der Begleitung von Angehörigen mit Demenz zu schulen und dadurch zu stärken.

Denn auch, wenn jedes Schicksal individuell ist, sind die Herausforderungen, vor denen die Menschen stehen, meist ähnlich. Demenziell Erkrankte wirken oft fremd auf ihre Angehörigen, zudem stellt sich ein Gefühl von Hilflosigkeit ein. „Sobald die Senioren in eine Einrichtung ziehen, belastet Angehörige oftmals das Gefühl: Ich habe sie in andere Hände abgegeben“, berichtet Heike Heckmann. Vorherige Lebensaufgaben verändern sich und die Frage des Umgangs damit, sowie die eigene Frage nach dem Lebenssinn dringen in den Vordergrund.

„Sobald die Senioren in eine Einrichtung ziehen, belastet Angehörige oftmals das Gefühl: Ich habe sie in andere Hände abgegeben."


Heike Heckmann

Immer wieder habe sie beobachtet, dass die Angehörigen bei zunehmenden Krankheitssymptomen seltener zu Besuch kamen. Die Erkrankten bekämen ja ohnehin nur noch wenig mit, heiße es dann. „Vielleicht wird dieser Ausspruch auch als Vorwand benutzt, da die Besuchenden selbst mit der Situation einfach überfordert sind“, so die Seelsorgerin.

Sozialer Rückzug der Erkrankten resultiert sicherlich auch durch das Erhaltenwollen der Sicherheit im eigenen Umfeld und in der täglichen Lebensgestaltung. „In diesem Kontext wird mir sehr deutlich, dass die Trauerbegleitung nicht erst dann beginnt, wenn jemand gestorben ist – sondern mit dem Eintritt einer Demenzerkrankung schon wesentlich früher.“ Und zwar spätestens dann, wenn bewusst wird, dass der persönliche Abschied unaufhaltsam eintreten wird und der Erkrankte die Bezugspersonen vielleicht bald nicht mehr erkennen könnte. Abschiedlich leben- mitten im Leben- dazu scheinen wir Menschen täglich aufgefordert zu werden.

„In diesem Kontext wird mir sehr deutlich, dass die Trauerbegleitung nicht erst dann beginnt, wenn jemand gestorben ist – sondern mit dem Eintritt einer Demenzerkrankung schon wesentlich früher.“


Heike Heckmann

In ihrer Arbeit innerhalb der Altenhilfe und als ehrenamtliche Sterbe- und Trauerbegleiterin hat vor allem eine Begegnung Heckmann in der Begleitung von demenziell veränderten Menschen geholfen: 1999 hat sie bei einem Vortrag Naomi Feil kennengelernt, die über Jahre Demenzerkrankte begleitete und aus ihren Erfahrungen die Methode der Validation geschaffen hat –die Heike Heckmann nun als Grundlage in ihren Validations- Workshops innerhalb des Zentrum Würde am Marienstift Braunschweig weitergibt.

„Bei der Validation geht es letztendlich um eine besondere Art der Einfühlung“, erklärt Heike Heckmann. Empathie, Akzeptanz, Wertschätzung sowie die eigene Kongruenz ermöglichen einen würdevollen Umgang mit dementiell Erkrankten, gerade auch in Zeiten, wo die Sprachfähigkeit und die Wortfindung erschwert ist. In allen Aussagen, auch den unverständlichen und für uns sinnlos erscheinenden, erhalte ich doch bei Validation eine Rückmeldung über das Gefühl meines Gegenübers. Dieses Gefühl gelte es wahrzunehmen und in eine Sprache zu bringen, die auf diese Emotion ausgerichtet ist.

Das Zentrum Würde befindet sich auf dem Gelände des Marienstifts in Braunschweig.

Eigenes Zentrieren ist in der Begleitung von Demenzerkrankten sehr hilfreich. „Bei dieser Methode konzentriere ich mich ganz auf mich, atme achtmal in den Bauch ein und aus und zentriere mich, um anschließend ganz für den Anderen da sein zu können“, sagt die Leiterin des Kirchlichen Dienstes.

Die Fragen und Probleme der Angehörigen ähneln sich in den Validations-Workshops laut Heckmann: Es gehe immer wieder um Schuldgefühle sowie das Gefühl, ausgebrannt zu sein und nicht weiter zu wissen. Dabei helfe den Angehörigen nicht nur die Inhalte der Validations-Workshops, sondern auch die Gemeinschaft. Hier entstünden Kontakte. „Die Menschen treffen sich und tauschen sich aus. Das gibt viel Kraft“, sagt Heike Heckmann. Für solche und weitere Projekte wird derzeitig die Friedenskappelle am Marienstift, das sogenannte Zentrum Würde, saniert. Bis zur Nutzung stehen andere Räume unseres Unternehmens und darüber hinaus zur Verfügung.

Informationen und Kontakt

Weitere Informationene über das Zentrum Würde und die Kontaktdaten Heike Heckmanns finden Sie hier.

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