Gruppenfoto esn-Mitarbeitende gemeinsam mit der niedersächsischen Staatssekretärin Dr. Christine Arbogast

Was uns wichtig ist

– Unsere Mitarbeitenden im Gespräch mit dem Sozialministerium –

„Jetzt sind Sie dran: Ihre Stimme zählt! Kommen Sie ins Gespräch mit der niedersächsischen Staatssekretärin!“ Diesem Aufruf sind unsere Mitarbeitenden nachgekommen und haben Fragen an Dr. Christine Arbogast gestellt. Denn als Staatssekretärin beschäftigt sich Dr. Arbogast genau mit den Themen, die in unserer Unternehmensgruppe eine wichtige Rolle spielen: Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. Wir haben uns sehr gefreut, dass uns dieses Interview ermöglicht wurde.

Unsere Tour nach Hannover

Alle Fragen & Antworten

Eingliederungshilfe

...zum „Fertigstellen“ notwendiger Fachkräften kommt. Könnten diese Veränderungen zulasten der Qualität dieser Ausbildungen gehen?

"Hier ist klar zwischen einer Fachkräfteausbildung, die in der Regel drei Jahre dauert, und der einjährigen Ausbildung zur Pflegeassistenz zu unterscheiden. Letztere existiert bereits in anderen Bundesländern und ist auch für uns eine gute Möglichkeit, schnell in diesem Bereich weiteres Personal zu generieren."

"Hier ist das Land Niedersachsen bereits tätig geworden und hat die Schulgeldfreiheit in der Heilerziehungspflegeausbildung eingeführt. Speziell über unser Ministerium nimmt das Thema „Soziale Berufe“ in unserer Fachkräfteinitiative einen besonderen Stellenwert ein. Wenn auch Träger von Einrichtungen und Verbände zusätzlich für den Beruf der Heilkräfteerziehungspflegerinnen und Heilkräfteerziehungspfleger werben, erzielen wir gemeinsam mehr Aufmerksamkeit." 

...mehrfachbeeinträchtigter Menschen und Inklusion dieser Bewohner auf gut spezialisiertes Fachpersonal angewiesen – wie alle Träger von Pflegeeinrichtungen. Dennoch wurden die Ausbildungsbedingungen der neu ausgerichteten generalisierten Pflegeausbildung (Zusammenschluss Kranken- und Altenpflegeausbildung) zulasten der Eingliederungshilfe geändert. Dies bedeutet, dass nach behördlichen Schulgesetzen zwar Heilerziehungspfleger:innen ausgebildet werden können, jedoch die benötigten Fachpfleger nicht die Träger der Eingliederungshilfe in ihrer Ausbildungsform kennenlernen. Dies ist ein Wettbewerbsnachteil zu allen anderen Einrichtungen, in denen Menschen leben, die Pflege benötigen. Insbesondere, weil Menschen mit geistigen und kombinierten körperlichen Beeinträchtigungen besonderen Unterstützungsbedarf haben, die ihre Antwort nicht ausschließlich in der pädagogisch ausgerichteten Heilerziehungspflegeausbildung findet. Wie wollen Sie diesem Defizit in Zukunft begegnen?

"Grundsätzlich absolvieren Pflegekräfte ihre praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder zugelassenen Pflegeeinrichtungen, eine Regelung, die auf dem Bundesrecht (Pflegeberufegesetz) basiert und auf Landesebene nicht beeinflusst werden kann. Dass Einrichtungen für Eingliederungshilfen keine praktische Ausbildung durchführen können, ist zunächst einmal aus Sicht der „Pflege“ kein Defizit. Eine andere Frage ist, wie es gelingt, ausgebildete Pflegefachkräfte für eine Arbeit in EGH-Einrichtungen zu gewinnen. Hier ist über die Eigeninitiative der Träger viel möglich. Ich weiß, dass die Berufe in der Pflege sehr fordernd und anspruchsvoll sind, sie sind aber vor allem auch sinnstiftend und das gilt es, weiter zu vermitteln."

"Die Bundesländer und insbesondere auch wir in Niedersachsen haben in den vergangenen Jahren mehrfach gefordert, die Regelung des § 43a SGB XI abzuschaffen. Bisher ist der Bund dazu jedoch nicht bereit, da dies eine finanzielle und beitragsrelevante Mehrbelastung der Pflegeversicherung zur Folge hätte. Aus unserer Sicht ist es verfassungsrechtlich bedenklich, dass § 43a nur ausschließlich aus fiskalischen Gründen beibehalten wird."

...ähnlichen Wohnformen wie in Neuerkerode leben (und mind. Pflegestufe 2 haben), einen Sockelbetrag von 266 Euro, der die eigentlichen Aufwendungen oftmals nicht deckt. Es besteht hierbei eine Diskrepanz zu anderen Versicherten bspw. Sozialhilfeversicherten, die über häusliche Pflege oder Pflegegeld eine Entschädigung von 300 bis 2.500 Euro erzielen.

"Im § 43a SGB XI  ist geregelt, dass die Pflegeversicherung für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 in einer vollstationären Einrichtung der sozialen Eingliederung einen Pauschalbetrag für die Erbringung von Pflegeleistungen übernimmt. Dies betrifft Menschen mit Behinderungen in besonderen Wohnformen. Der den Pauschalbetrag übersteigende Anteil wird regelmäßig von der Eingliederungshilfe übernommen."

...in den Fokus genommen werden?

"Wenn die Pflegeleistung von Menschen mit Behinderungen übernommen wird, spielt dabei auch eine Rolle, wo sie wohnen und leben. Während im familiären häuslichen Umfeld oder in ambulant betreuten Wohnformen volle Leistungen der häuslichen Pflege durch die Pflegekassen finanziert werden, gibt es in den besonderen (vollstationären) Wohnformen die genannte Pauschalerstattung.
Ich bin der Meinung, dass der Bund diese Ungleichbehandlung beenden muss. Anstelle der Pauschalerstattung sollten die in besonderen Wohnformen lebenden pflegeversicherten Menschen mit Behinderungen berechtigt sein, Leistungen in gleicher Höhe beziehen zu können wie im eigenen häuslichen Umfeld. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass es für die beitragszahlenden Menschen mit Behinderungen in besonderen Wohnformen wie eine diskriminierende Ungleichbehandlung wirken kann, wenn für sie nicht die gleichen Regelungen wie im ambulanten Wohnen gelten. Wichtig ist mir dabei aber, noch mal festzuhalten, dass der Pflegebedarf für sie – unabhängig von der geltenden Regelung – abgedeckt wird."

...Eingliederungshilfe nicht erkennbar. Wie planen Sie, die Eingliederungshilfe im Sozialetat effektiver zu verorten, um sicherzustellen, dass die Belange und Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigung angemessen berücksichtigt werden?

"Welcher Stellenwert die Unterstützung der Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigung beim Land Niedersachsen einnimmt, zeigt bereits die Tatsache, dass der Etat für Leistungen der EGH mit Abstand der größte Einzelansatz im Haushalt des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung darstellt."

...auf Kosten der Armen und Schwachen in unserer Gesellschaft. Welche Gedanken, Initiativen, Veränderungen kommen dazu aus Ihrer Politik?

"Der Bundeskanzler hat klargemacht, dass im Sozialen nicht gekürzt wird. Das ist eine wichtige Botschaft. Der Sozialstaat ist mit seinen Hilfeangeboten, Institutionen und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in der Lebenswirklichkeit von Millionen von Menschen in den unterschiedlichsten Hilfefeldern in Deutschland täglich präsent ̶ in verschiedenen Lebensbereichen, von Sozialversicherung bis zur Unterstützung von Familien und Senioren. Gerade in Zeiten, in denen sich gesellschaftliche Fliehkräfte verstärken, muss die Solidargemeinschaft funktionieren."

...abgewendet werden konnten, ist diese vermeintliche Sicherheit für 2025 keineswegs gewährleistet (der Vortragshaushalt sieht weiterhin Kürzungen vor). Von einer Mittelkürzung im Bundeshaushalt wären in Niedersachsen rund 850 Stellen betroffen, die von den Trägern und Einsatzstellen nicht mehr vorgehalten werden könnten. Welche Strategie hat die Landesregierung, unabhängig von Appellen an den Bund, um die drohende Finanzierungslücke vorsorglich zu schließen?

"Wir werden auch weiterhin nicht müde, den Bund zu überzeugen, dass solche Kürzungen ein „Sparen an der falschen Stelle“ sind, denn die Bundesfinanzierung der Freiwilligendienste kann nicht anders geschultert werden."

...Betreuten, Angehörigen und gesetzlichen Betreuern der Neuerkeröder Wohnen und Betreuen GmbH seit jeher eingefordert und in der Praxis längst gelebt. Die derzeitige Lage lässt jedoch nicht erkennen, wie dieses Konzept in den kommenden Jahren noch aufrechtzuerhalten sein wird. Wie sollen Leistungserbringer den im BTHG formulierten Anforderungen an die Eingliederungshilfe angesichts schrumpfender Haushalte und vor dem Hintergrund eines angespannten Arbeitsmarktes zukünftig gerecht werden?

"Zunächst einmal sind bei den Eingliederungshilfemaßnahmen keine Einsparungen vorgesehen. Es ist mit Blick auf den zunehmenden Fachkraftmangel ein wichtiges Ziel, die heute erreichten personellen Standards in der Eingliederungshilfe (EGH) mindestens zu halten. Das erfordert jedoch intensive gemeinsame Anstrengungen. Denn es ist klar, auch wenn nicht eingespart wird, können Bedarfe an bestimmten Stellen steigen. Deshalb werden auch die Leistungsinhalte und -standards auf der Ebene der Spitzenverbände (LAG FW, LAG PPN), der KSpV, des Landes und der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen diskutiert."

"Unser Ziel ist es, Inklusion als allumfassende Aufgabe in sämtlichen Lebensbereichen zu verankern – sei es im Alltag, in Schulen, am Arbeitsplatz, in Sportvereinen oder Ferienanlagen. Daher wird der Aktionsplan Inklusion derzeit überarbeitet. Die Landesregierung plant außerdem, das Landeskompetenzzentrum für Barrierefreiheit als zentrale Anlaufstelle im Büro der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen anzusiedeln. Die gesetzlichen Grundlagen dafür sind bereits geschaffen. Das Kompetenzzentrum wird nicht nur unabhängige Erstberatung für Menschen mit Behinderungen, deren Angehörige, Verbände und Organisationen bieten, sondern auch Ansprechpartner für öffentliche Stellen, Kommunen und Unternehmen in Niedersachsen sein. Zusätzlich soll es Informationen zu verschiedenen Aspekten der Barrierefreiheit zusammenführen und Schulungsangebote bereitstellen. Auf diese Weise wird das Kompetenzzentrum dazu beitragen, dass Barrierefreiheit in Niedersachsen an Bedeutung gewinnt und das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen gestärkt wird."

"Um die vielfältigen Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, setzen wir in Niedersachsen auf unterschiedliche bewährte Maßnahmen. Ein Erfolgsmodell ist unser „Budget für Arbeit“, eine Leistung der Eingliederungshilfe, das bereits über 600 Werkstattbeschäftigten erfolgreich die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht hat. Mit einem Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 % und Übernahme der Kosten für erforderliche Anleitung am Arbeitsplatz ermöglicht dies individuelle Lösungen. Davon profitieren nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch Unternehmen, die nach geeigneten Lösungen im Arbeitskräftemangel suchen. Zusätzlich wollen wir gemeinsam mit dem Integrationsamt Inklusionsbetriebe weiter ausbauen. Diese richten sich besonders an Menschen mit Behinderungen, deren Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung besonders herausfordernd ist. Durch landeseigene Arbeitsmarktprogramme fördern wir speziell die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für schwerbehinderte Menschen. Förderprogramme und Unterstützungsmöglichkeiten schaffen hier gute Rahmenbedingungen. Doch genauso wichtig ist eine inklusionsfreundliche Haltung aller Beteiligten, vor allem der Arbeitgebenden. Daher legen wir großen Wert auf Bewusstseinsbildung, Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen."

Seniorenhilfe

...Fach- und Arbeitskräfte in Einrichtungen und hilft dem unmittelbaren Arbeitskräftebedarf ab, führt jedoch zu einem hohen Qualitätsverlust in der Bewohnerversorgung und wirtschaftlichen Schieflagen der Einrichtungen. Die bisher seitens der Bundesregierung veranlassten Veränderungen  führen zu keinen positiven Veränderungen. Welche Neuerungen gibt es, um dem zu begegnen?

"Leiharbeit in der Pflege führt dazu, dass erhebliche Gelder, die eigentlich für die Versorgung der Pflegebedürftigen bestimmt sind, als Gewinne in Leiharbeitsfirmen fließen. Das belastet nicht nur die finanzielle Situation, sondern sorgt auch teilweise für unterschiedliche Bedingungen, unter denen Pflegekräfte arbeiten. Und das kann nicht gut für das Arbeitsklima sein. Deshalb unterstützen wir eine Länderinitiative zur Eindämmung von Leiharbeit in der Pflege. Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) vom Juli 2023 begrenzt bereits die Zahl der Leiharbeitskräfte und die damit verbundenen Kosten. Dies ist ein positiver Schritt, aber weitere Regelungen auf Bundesebene werden erwartet.

Die KAP.Ni-Arbeitsgruppe für alternative Arbeitszeitmodelle verbessert zudem die Arbeitsbedingungen für das Stammbelegschaftspersonal, um die Attraktivität von Leiharbeitsfirmen zu verringern. Nur wenn familien- und arbeitnehmerfreundlichere Bedingungen für die Pflegekräfte geschaffen werden, können auch zukünftig ausreichend Fachkräfte gewonnen werden."

...Pflegeassistenzausbildung sind die Aktivitäten auf der Landesebene eingefroren. Dies wirft den Prozess einer Intensivierung der Pflegeassistenzausbildung weiter zurück. Welche Vorschläge gibt es, diesen Bereich der Ausbildung voranzubringen?

"Die Anpassung der Pflegeassistenzausbildung ist mit den Bundesreformen zur Einführung eines neuen Personalbemessungsinstruments verbunden. Niedersachsen strebt an, den Bedarf an qualifizierten Pflegeassistenzkräften zu decken, indem der Zugang zur Ausbildung erleichtert, für diese geworben und die Dauer verkürzt wird. Ich habe große Sympathie für eine einjährige Pflegeassistenzausbildung, hier gibt es aber noch Abstimmungsbedarfe."

"In Bezug auf die Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni) liegt einer der Schwerpunkte auf der Entbürokratisierung. Hier kümmert sich eine Arbeitsgruppe gerade darum, die Leistungsabrechnung zu entbürokratisieren und zu digitalisieren. Das wird auch eine spürbare Entlastung für die Pflegenden bringen.

Wir haben in diesem Zuge auch die Vorschläge aus der Länder-AG „Digitalisierung in der Pflege“ zur Beschleunigung des Verfahrens für die vollständig digitale Abrechnung eingebracht. Zudem wird ein Austausch zwischen Pflegekassen, dem Medizinischen Dienst, Kommunen und Heimaufsichtsbehörden moderiert, um Kontrollen in Pflegeheimen besser abzustimmen und so das Personal zu entlasten. Ein Landesarbeitskreis Pflegedokumentation und Qualitätssicherung unterstützt die Umsetzung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung in Niedersachsen. Es sind einzelnen Stellschrauben, die insgesamt aber ihre Wirkung entfalten werden."

... nicht nur als Belastung, sondern sogar als Belästigung wahrgenommen wird. In welchem Umfang sind Anforderungen des Landes für diese Bürokratiebelastung verantwortlich?

"In Pflegeeinrichtungen gibt es keine spezifischen Vorgaben auf Landesebene für Dokumentation oder Abrechnung; diese werden durch bundesweite Regelungen festgelegt. Das Land engagiert sich jedoch aktiv, um den bürokratischen Aufwand zu minimieren. Dies geschieht durch die Teilnahme an Bundesreformen und die Zusammenarbeit mit Verbänden in Niedersachsen, um bestehende Vorgaben möglichst bürokratiearm umzusetzen und die Digitalisierungsmöglichkeiten zu nutzen."

...deutlich erhöhen.  Wie sehen Sie die Zukunft der Pflegelandschaft in Niedersachsen?

"In Niedersachsen, wie im gesamten Bundesgebiet, steht die pflegerische Versorgung aufgrund von Kostenanstieg, demografischem Wandel und Fachkräftemangel unter Druck. Deshalb war es gut, dass wir in Niedersachsen frühzeitig in unterschiedlichen Bereichen reagiert haben. Beispielsweise mit dem Projekt Komm.Care, das uns einen genauen Überblick über die Bedarfe aufzeigt, um gezielt reagieren zu können. Und natürlich die Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni), die an den Start gebracht wurde: mit einem 10-Punkte-Plan für Fachkräftegewinnung, Unterstützung pflegender Angehöriger sowie Entbürokratisierung und Digitalisierung in der Pflege. Die Schnellziele der KAP.Ni, bessere Finanzierung der Kurzzeitpflege, Entbürokratisierung und neue Arbeitszeitmodelle, zeigen bereits konkrete Erfolge, wie die verbesserte Finanzierung der Kurzzeitpflege im Februar. Dies soll das Angebot an Kurzzeitpflege ausbauen und pflegende Angehörige entlasten."

Gesundheit & Rehabilitation

"Es ist schade, dass sich laut einer Studie der IU Internationalen Hochschule* nur 21,8 % der jungen Männer vorstellen können, einen sozialen Beruf zu ergreifen. Es gibt also noch Luft nach oben, um mehr Männer für Soziale Arbeit zu begeistern. Beispielsweise durch Aufklärungskampagnen, um Missverständnisse über den Beruf der Sozialen Arbeit zu beseitigen. Mentoring-Programme und frühzeitige Berufsorientierungsmaßnahmen können gezielt Vorurteilen entgegenwirken. Auch das Herausstellen von Vorbildern, indem männliche Sozialarbeiter die Vielfalt in diesem Berufsfeld sichtbar machen und ihre Berichte über Erfahrungen und Erfolge, können dazu beitragen, Stereotype zu brechen. Daneben spielen für viele auch die Rahmenbedingungen des Berufs, also wie flexibel kann der Arbeitsplatz gestaltet werden, bei der Auswahl des Jobs eine wichtige Rolle."

*https://static.iu.de/studies/Kurzstudie-Maenner-in-sozialen-Berufen.pdf

...in 15 Jahren aussehen?

"Wir sollten keine substanzlosen Horrorszenarien an die Wand malen. So etwas hilft nicht, sondern schürt Ängste. Das Land wird weiterhin im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten die Suchtberatungsstellen unterstützen. Es gibt bereits erfolgreiche Programme wie das „1.000-Schätze-Programm“ für Grundschulkinder und spezielle Angebote wie „Trampolin“ für Kinder aus suchtbelasteten Familien. Fachstellen bieten zudem individuelle Unterstützung für suchtkranke Familien und deren Kinder an. Die Hoffnung besteht, dass durch gute Sozialpolitik auch weiterhin Kindern mit schwierigen Startbedingungen mehr Chancen geboten werden können."

...wenn die Leistungen im Suchtbereich in den nächsten Jahren weiter reduziert werden?

"Ehrlich gesagt, möchte man sich das gar nicht vorstellen, denn die Leistungen, die wir als Land im Suchtbereich unterstützen, sind eine wichtige Säule des Gesundheitswesens. Gute Präventionsangebote sind entscheidend, insbesondere für Jugendliche. Deshalb fördern wir weiterhin freiwillig 75 Fachstellen für Sucht und Suchtprävention. Einsparungen könnten zu riskantem Konsum und fehlender Hilfe für Betroffene führen. Die Dialoge, die dann in einem Drehbuch zu finden wären, sind dann wahrscheinlich nicht mehr jugendfrei.  Das Land hat nicht vor, hier zu sparen.  Ehrlich gesagt, möchte man sich das gar nicht vorstellen, denn die Leistungen, die wir als Land im Suchtbereich unterstützen, sind eine wichtige Säule des Gesundheitswesens. Gute Präventionsangebote sind entscheidend, insbesondere für Jugendliche. Deshalb fördern wir weiterhin freiwillig 75 Fachstellen für Sucht und Suchtprävention. Einsparungen könnten zu riskantem Konsum und fehlender Hilfe für Betroffene führen. Die Dialoge, die dann in einem Drehbuch zu finden wären, sind dann wahrscheinlich nicht mehr jugendfrei.  Das Land hat nicht vor, hier zu sparen."

...Neugeborenes ca. 700 Euro. Allein die zusätzliche Prämie für die Betriebshaftpflicht beträgt schon ca. 400 Euro je Geburt. D. h., wir müssen von den übrigen 300 Euro das gesamte Personal, die Sachkosten und die Infrastrukturkosten finanzieren. Das ist schlicht nicht möglich. Wir rechnen derzeit mit mindestens 1.000 Verlust je Geburt, also 1 Million Euro pro Jahr für das Haus. Wenn man den verlorenen Deckungsbeitrag aus anderen Leistungen einrechnet, die in der frei werdenden Infrastruktur behandelt werden könnten, ist der negative Effekt der Geburtshilfe deutlich über 2 Millionen für das Marienstift. Wann ist mit einer Verbesserung der Finanzierung zu rechnen?

"Im Zuge der geplanten Krankenhausreform des Bundes soll die Refinanzierung der Krankenhäuser umgestaltet werden. Zukünftig sollen Kliniken nicht nur für abgerechnete Behandlungen eine Erstattung bekommen, sondern auch eine Vorhaltepauschale erhalten. Diese Reform strebt an, den Kliniken finanzielle Unabhängigkeit zu gewährleisten, was auch den Bereich der Geburtshilfe, besonders in ländlichen Regionen, positiv beeinflussen könnte. Mit der Zustimmung zum Transparenzgesetz sind die Länder jetzt einen Schritt auf den Bund zugegangen und wir erwarten nun ein zügiges Voranschreiten der Reform. Bis dahin haben die Länder erste Liquiditätshilfen für die Krankenhäuser verhandelt." 

...neun Prozent der DRG-Erlöse eines Krankenhauses entstanden ist. Für das Krankenhaus Marienstift sind das ca. 2,2 Millionen Euro. Wann können die Krankenhäuser damit rechnen, dass es eine tatsächliche Anpassung der Finanzierung gibt, also über die schnellere Begleichung von sowieso bestehenden Ansprüchen hinaus?

"Diese Defizite zeigen noch mal deutlich, dass eine Krankenhausreform absolut notwendig ist. Die Finanzierungslücken der Krankenhäuser entstehen vor allem durch deutliche Kostensteigerungen, hervorgerufen durch hohe Inflation, steigende Energiepreise und Personalkosten, für die der Bund zuständig ist. Es braucht jetzt dringend die Reform des Bundes weg von einem reinen DGRG-System zu einer Mischform mit Vorhaltepauschalen. In der Zwischenzeit kann, wie oben beschrieben, über die Anpassung des Landesbasisfallwerts nachgesteuert werden." 

...sogar als Belästigung wahrgenommen wird. In welchem Umfang sind Anforderungen des Landes für diese Bürokratiebelastung verantwortlich?

"Die Finanzierungsdefizite der Krankenhäuser entstehen vor allem durch deutliche Kostensteigerungen, hervorgerufen durch hohe Inflation, steigende Energiepreise und Personalkosten. Diese Kosten werden durch Entgelte finanziert, die die Krankenhäuser für die Behandlung von Patienten von den Krankenkassen erhalten. Mit der Zustimmung zum Transparenzgesetz können hoffentlich Gelder für Krankenhäuser freigemacht werden. Kurzfristig wurden Liquiditätshilfen für das Jahr 2024 beschlossen, die sich aus dem Vorziehen der Pflegebudgets und der Energiehilfen speisen. Zudem soll der Landesbasisfallwert – der bereits in Niedersachsen zum Anfang des Jahres um etwa 5,13 % angehoben wurde, weiter auf eine realistische Basis nach oben hin angepasst werden. Damit erhöht sich maßgeblich die Refinanzierung der Betriebskosten der Krankenhäuser durch die Gesetzliche Krankenversicherung. Mittelfristig ab 2025 soll der Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro in den kommenden 10 Jahren von Bund und Ländern aufgestellt werden. Und langfristig wird die Umstellung der Krankenhausfinanzierung im Rahmen der Krankenhausreform Wirkung entfalten. Deshalb werden wir uns in Niedersachsen weiter für konstruktive Verhandlungen zur Krankenhausreform einsetzen, die jetzt schnell kommen muss." 

...Mitarbeitervertretungen kommt die öffentliche Hand dem Auftrag zur Daseinsvorsorge, insbesondere im Bereich Krankenhäuser, immer weniger nach. Welche Faktoren scheinen Ihnen hierfür verantwortlich?

"In letzter Zeit waren vor allem die stark gestiegenen Betriebskosten maßgeblich für die wirtschaftlichen Herausforderungen der Krankenhäuser verantwortlich. Dafür ist der Bund zuständig, wogegen das Land die Investitionskosten der Krankenhäuser finanziert. Die für diesen Zweck bereitgestellten Mittel sind in den letzten Jahren stetig erhöht worden. Die im letzten Jahr vorgestellte 3-Milliarden-Krankenhaus-Investitonsoffensive zeigt, dass das Land hier seiner Verantwortung nachkommt. Allein für 2025 sind Haushaltsmittel von insgesamt 305 Millionen Euro für investive Maßnahmen bei den Kliniken vorgesehen."

Danke!

Wir danken Staatssekretärin Dr. Christine Arbogast und dem niedersächsischem Sozialministerium für dieses besondere Interview.

Text und Video: Petra Neu // Fotos: Nina Stiller

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