„Ein faszinierendes Miteinander!“
"Ein Konzept, das zu uns passt", sagte Stiftungsdirektor Rüdiger Becker auf der Fachtagung in Königslutter
„Wir wollen Sie alle mit dem Mäeutik-Fieber anstecken“, sagt Marlo Töpfer, Fachkraft für Gerontopsychiatrie in der Senioreneinrichtung „Haus der helfenden Hände“ in Königslutter-Beienrode. Mit glänzenden Augen spricht sie am Rednerpult vor rund 100 Gästen einer Fachtagung von dem mäeutischen Pflegemodell, welches seit mittlerweile fünf Jahren erfolgreich in der Beienroder Einrichtung angewendet wird. Sie berichtet etwa von ganz individuellen Frühstückszeiten, von der benutzen Bettwäsche, die Bewohner beim Einzug in die Senioreneinrichtung mitbringen, um sich heimischer zu fühlen, und vor allem von wertvollen Begegnungen zwischen Mitarbeitenden und Bewohnern. „Egal ob Hausmeister, Hauswirtschaftskräfte, Ehrenamtliche oder Pflegende – Sie alle sammeln Erfahrungen mit unseren Bewohnern, die ein Gesamtbild ergeben. Das ist ein faszinierendes Miteinander.“
Was für den Zimmermann das Holz sei, ist für die Pflegekraft der Kontaktmoment, erläutert Jeanette Lösing von der Akademie für Mäeutik Deutschland auf der Fachtagung. „Daraus ergibt sich, wie mit einem Menschen umgegangen werden muss, damit es ihm gut geht.“ Wer mag gerne gestreichelt werden? Wen stört Musik im Hintergrund? Wer hat welche Lebensgeschichte? „Im Mittelpunkt des Konzepts steht die personenzentrierte und nicht die problemorientierte Pflege“, so die Begründerin des mäeutischen Pflegemodells Cora van der Kooij in Königslutter. Es gehe um die Förderung von Empathie und Intuition sowie um pflegerische und medizinische Professionalität. „Mitarbeitende müssen neugierig auf die Bewohner sein. Und sie brauchen einen Austausch über das, was sie bei ihrer Arbeit machen.“
Im Haus der helfenden Hände gibt es deshalb Erfahrungsberichte und jeden Tag Bewohnerbesprechungen. „Dabei erzählen wir von den schönen Momenten, die es im Laufe eines Arbeitsalltages gab.“, erläutert Marlo Töpfer. Mit der Einführung des mäeutischen Pflegemodells seien alte Tagesstrukturen über den Haufen geworfen worden. Die Bewohner seien inzwischen viel entspannter.
„Mit der Ausweitung des Bereichs Pflege und Seniorenhilfe in der Evangelischen Stiftung Neuerkerode durch das Seniorenzentrum Bethanien und die engere Zusammenarbeit mit den Diakoniestationen zwischen Harz und Heide haben wir nun die Möglichkeit, den Bereich konzeptionell zu überdenken und ein gemeinsames Kompetenzmerkmal zu schaffen. Ich freue mich, dass im Rahmen dessen die Mäeutik allen Gesellschaften der Stiftung nähergebracht werden soll“, sagt Martina Redlin-Rückert, Geschäftsführerin im Haus der helfenden Hände. Übergeordnetes Ziel ist der Aufbau eines Versorgungsnetzwerkes zwischen den Einrichtungen der Evangelischen Stiftung Neuerkerode im Bereich Pflege und Seniorendienste.
„Das Konzept der Mäeutik passt zu uns“, bestätigte auch Rüdiger Becker, Direktor der Evangelischen Stiftung Neuerkerode, auf der Fachtagung. Es sei wissenschaftlich belegbar und ökonomische umsetzbar. „Vor allem aber werden der Mensch in seiner Vielfalt berücksichtigt und Mitarbeitende wertgeschätzt.“
Im Anschluss an die Vorträge gingen 8 Gastreferenten aus drei Ländern auf verschiedene Bereiche des mäeutischen Pflegemodells ein. Sie erläuterten beispielsweise Anwendungsmöglichkeiten in der ambulanten Pflege, die Qualitätssicherung und Ausbildungsmodalitäten für die Pflegekräfte.