Woche der Seelischen Gesundheit - Drei Fragen an Dr. med. Henrike Krause-Hünerjäger

Im Rahmen der derzeit laufenden Aktionswoche der Seelischen Gesundheit stellen Einrichtungen überall in Deutschland ihre vielfältigen ambulanten und stationären psychiatrischen und psychosozialen Angebote vor. Auch wir beteiligen uns. Heute beantwortet Dr. med. Henrike Krause-Hünerjäger, Chefärztin und Leiterin unseres neuen Rehabilitationszentrums St. Leonhard ins Braunschweig, Fragen zum Thema Psychosomatik.

Viele Menschen sitzen coronabedingt derzeit isoliert im Homeoffice, können ihren Hobbies vielleicht nicht nachgehen und haben insgesamt weniger soziale Kontakte – Sehen Sie darin eine Gefahr für die seelische Gesundheit?
Ja, ich sehe auf jeden Fall eine Gefahr für das seelische Gleichgewicht. Die oft genannte „Work-Life-Balance“, die maßgeblich zur seelischen Zufriedenheit und Gesundheit beiträgt, kann aus dem Lot geraten. Studien belegen, dass das Gehirn im Arbeitsmodus ständig im Dauerstress ist, es droht beispielsweise Burnout. Es fehlen vielleicht der Austausch mit Freunden, das Gemeinsame Lachen oder auch einfach gemeinsame Aktivitäten. All die Dinge, mit denen wir unserer Bedürfnisse und Gefühle maßgeblich kompensieren. Dazu kommt: Aus dem Büro nach Hause gehen ist ein klarer Feierabend. Dies ist ein deutlicher Unterschied zum Arbeiten zu Hause, wenn ich vom Sofa aus das Laptop sehe, gelingt dann die Trennung zwischen Arbeiten und Feierabend? Nicht zu unterschätzen ist auch die Belastung von Homeoffice und Kinderbetreuung.

Und das kann langfristig seelisch krankmachen?
Die Zahl der Erkrankungsfälle im psychosomatischen Bereich hat sich innerhalb von sechs Jahren um 70 Prozent erhöht. Dazu zählen unter anderem Schlaf-, Schmerz- und Angststörungen, seelische Erschöpfung, Depressionen, Trauma-Folgeerkrankungen, Tinnitus, Zwangserkrankungen und Persönlichkeitsstörungen. Solche Erkrankungen gehören inzwischen zu den kostenintensivsten Erkrankungen im Gesundheitswesen. Mit unserer neuen Tagesklinik bieten wir Patient*innen ein modernes, ganzheitliches verhaltenstherapeutisch ausgerichtetes Rehabilitationsprogramm an, welches intensiver als eine ambulante Therapie ist und durch das tagesklinische Setting Vorteile gegenüber einer stationären Behandlung bietet. Die Zielsetzung ist, durch eine qualitativ hochwertige multimodale Diagnostik und Therapie eine individuell verbesserte Lebensqualität und eine positive berufliche Perspektive zu erlangen.

Wie läuft eine ganztägig ambulante Reha genau ab?
Von 8.30 Uhr bis 16 Uhr sind unsere Patient*innen in der Tagesklinik – die Abende und das Wochenende verbringen sie im vertrauten Zuhause. Das schafft auch einen engen Bezug zwischen Therapie und Alltagsleben. Arbeitgeber, Familienangehörige oder Freunde können bei Bedarf gut einbezogen werden. Unser vorrangiges Therapieziel ist es, eine höhere Leistungsfähigkeit und eine bessere Lebensqualität sowohl im Beruf als auch im Privatleben zu erreichen. Das Behandlungskonzept ist auf die individuellen Bedürfnisse der Patient*innen ausgerichtet. Wir ermöglichen auch speziellere Therapien wie Trauma- oder Akzeptanztherapie oder Naturheilverfahren und Homöopathie. Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit sowie die Entwicklung einer positiven Berufsperspektive. Bei Bedarf unterstützen wir im Vorfeld einer Behandlung auch bei Fragen zur Zuweisung oder Antragsstellung. Ab dem 20. Oktober bieten wir jeden Dienstag um 16.30 Uhr eine Infogruppe an, in der Interessierte die Reha-Tagesklinik Psychosomatik im Quartier St. Leonhard in Braunschweig, Leonhardplatz 3, unverbindlich kennenlernen können. Wir sind auch per Mail erreichbar über rehazentrum-braunschweig@lukas-werk.de