David Röker im Lukas-Werk in Peine
NEUERKERÖDER Blätter

Jeder Tag ist wie das Türchen eines Adventskalenders

David Röker ist Sozialarbeiter im Lukas-Werk in Peine. In seinem Job ist kein Tag wie der andere.

Wenn David Röker sich morgens auf den Weg zur Arbeit macht, weiß er nie so genau, was der Tag bringen wird. Das liegt nicht nur an den vielseitigen Aufgaben, die der Sozialarbeiter in der Fachambulanz des Lukas-Werks in Peine hat, und auch nicht daran, dass David seinen Arbeitstag schlecht geplant hätte. Es ist die Arbeit mit drogengebrauchenden Menschen an sich, die oft unberechenbar ist. Kein Tag ist wie der andere – ob auf der Straße oder drinnen. „Es ist, als dürfte ich immer wieder die Türchen eines Adventskalenders öffnen“, sagt Röker.

Dabei wäre die Arbeit schon abwechslungsreich, wenn sie nach Plan laufen würden. David Rökers „Adventskalender“ hat viele Türchen, die sich jeden Tag mit Überraschungen füllen: Drei Viertel seiner Stelle sind Beratung und Betreuung im Kontaktcafé „Ankerpunkt“ und die Straßensozialarbeit. Das andere Viertel sind Leistungen im Rahmen der „Assistenz beim Wohnen“ (AbW).

„Allerdings gibt es auch Konstanten“, berichtet der Sozialarbeiter. Hier nehme die Kooperation mit Imke Hoffmann von der Aidshilfe Brauschweig eine herausragende Rolle ein. Neben einem Beratungs- und Testungsangebot auf HIV, Hepatitis sowie Syphilis bezieht das Kontaktcafé über die Initiative „Safer Use – vom Harz bis ans Meer“ der Aidshilfen Niedersachsen sterile Konsumutensilien zum Spritzen, Schnupfen und Blechrauchen.

Kooperation mit der AIDS-Hilfe
David Röker weiß, dass es Vorbehalte gegen den „Spritzentausch“ gibt. „Der vermehrte Konsum ist jedoch keine Frage des Bestecks, sondern des Geldbeutels. Wir helfen dabei, Infektionen vorzubeugen“, erklärt er. Die Schadensminimierung (Harm Reduction) ist ein Bestandteil des akzeptierenden Ansatzes, der im Kontaktcafé verfolgt wird. Um nachhaltiger zu sein, hat er damit begonnen, die Päckchen je nach Bedarf individuell umzupacken – so wird kaum etwas weggeschmissen.

David_Röker - Straßensozialarbeiter

Niedrigschwellge Hilfen

Weniger planbar sind hingegen die anderen Teile seiner Arbeit. „Das Kontaktcafé ist grundsätzlich ein offenes Angebot“, erläutert Röker. „Jeder kann während der Öffnungszeiten kommen und gehen, wie er oder sie möchte.“ Insbesondere für Beratungsgespräche kündigen sich Klienten häufig im Vorfeld an. „Die, die sich angekündigt haben, kommen oft nicht. Dafür stehen dann auf einmal Menschen vor der Tür, mit denen man nicht gerechnet, die man teilweise sogar jahrelang nicht mehr gesehen hat“, sagt der Sozialarbeiter. „Mal ist richtig viel los, dann wieder eher weniger. Aber am Ende gleicht es sich immer irgendwie aus.“

Noch niedrigschwelliger ist die Straßensozialarbeit. Wenn die Klienten nicht ins Café kommen, dann kommt David Röker zu ihnen. Er kennt die einschlägigen Treffpunkte und viele der Menschen, die hier ihre Zeit verbringen. Die, die er schon kennt, dienen als Türöffner, um Weitere kennenzulernen. Meist freuen sie sich, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden – schließlich handelt es sich bei den Drogenkonsumenten um eine Randgruppe, die oft stigmatisiert wird. Inwiefern sie dann integriert oder eher in Ruhe gelassen werden wollen, unterscheidet sich je nach Person. Oft entsteht die Nähe zu ihnen durch Distanz. Bemuttert werden will hier niemand. Jeden Tag ist David Röker aufs Neue gespannt, wen er antreffen wird. Alte Bekannte? Neue Gesichter? Manche trifft er nur in der Beratung, andere im Café und wieder andere draußen. Manche an allen Orten, andere sieht er hingegen monatelang nicht.

Auch bei der AbW ist nicht immer klar, in welchen Situationen er die Menschen antreffen wird. Manchmal steht Röker vor verschlossenen Türen. Und öffnen sie sich, muss er mit jeder Person einen eigenen Weg finden, mit der Abhängigkeit umzugehen. Während einigen eine Rückmeldung reicht, brauchen andere Hilfe bei der Alltagsbewältigung. Die Möglichkeiten seien da so vielfältig wie die Menschen selbst.

Manchen wäre die Unplanbarkeit von diesem Job sicher zu viel. Doch David Röker genießt die Abwechslung. „Ich liebe meinen Job, so wie er ist“, sagt er – und ist schon gespannt auf das, was ihn am nächsten Tag erwarten wird.

Text: Lukas Dörfler // Fotos: Bernhard Janitschke

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Tagestreffs und Straßensozialarbeit im Lukas-Werk

Mit dem Café Clara in Wolfenbüttel und dem Kontaktcafé Ankerpunkt in Peine macht das Lukas-Werk niedrigschwellige Hilfe- und Kontaktangebote für drogengebrauchende Menschen, um Betroffenen einen Schutz- und Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stellen. Das Angebot soll ihre Lebensumstände verbessern. Der Umfang der Leistung richtet sich nach den individuellen Möglichkeiten der Drogenkonsumenten. Dieses Angebot ist kostenlos und unverbindlich. Die Mitarbeitenden stehen unter Schweigepflicht.

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