Man kann schlecht meckern

– Gemeinschaft –

Die Senioren-WG in Gamsen bietet Platz für zwölf Senioren. Hier genießen sie die optimale Mischung zwischen Selbstbestimmung, Pflege und Gemeinschaft.

Altwerden ist ein Prozess, der wohl nur den wenigsten leichtfällt. Dinge, die zuvor problemlos möglich waren, werden plötzlich zur Hürde: Treppensteigen wird zur Kraftanstrengung, man sieht und hört schlechter und ist auf Hilfe angewiesen. Alleine in einer Wohnung oder einem Haus zu leben, wird mitunter unmöglich. Oft fällt der Abschied von den eigenen vier Wänden schwer, in denen man über Jahre gelebt, gelacht, geweint und geliebt hat. Auch das Ankommen in einem neuen Zuhause ist manchmal hart. Adelheid Friedrich und Heinrich Schweingruber ist ihr Umzug allerdings erstaunlich leichtgefallen. Der Grund? Sie fühlen sich pudelwohl dort, wo sie jetzt wohnen: in der Senioren-WG im Haus Lebensglück in Gamsen. In der neu gegründeten WG leben die Senioren selbstbestimmt und werden von den Mitarbeitenden der Filiale Gamsen der Diakoniestationen Harz-Heide betreut.

Betritt man die WG, die in diesem Jahr eröffnet wurde und Platz für zwölf Senioren bietet, versteht man schnell, warum die beiden gerne hier leben. Die Räume sind modern und hell. Jedes Zimmer verfügt über ein eigenes Bad. Hinzu kommen großzügige Gemeinschaftsräume. Eine Bibliothek und ein riesiger Balkon laden zum Verweilen ein. „Wir sind sehr stolz darauf, wie schön die Senioren- WG geworden ist“, sagt DHH-Geschäftsführer Volker Wagner. „Sie ist eine tolle Ergänzung zu unserem weiteren Angebot.“ Das Herz der Wohnung ist ein offener Bereich, der Küche, Ess- und Wohnzimmer miteinander verbindet. Das Klavier neben dem großen Sofa wurde schon von Enkeln zum Vorspielen benutzt. Neben ihm sitzen gerade drei Mitbewohnerinnen am Tisch und sind noch mitten in einer Runde Mensch-ärgere-dich-nicht, während sich die ersten Senioren schon am Esstisch einfinden: Gleich gibt es Mittagessen.

Umzug in die Wohngemeinschaft

Eine der Frauen, die am Tisch Platz genommen haben, ist Adelheid Friedrich. Die 87-Jährige war die Erste, die in die WG eingezogen ist. Zuvor lebte sie in einer Haushälfte mit einem kleinen Garten vor und einem kleinen Garten hinter dem Haus. Alle zwei Wochen kam jemand vorbei, um sich um die Wohnung zu kümmern, bei Schreibangelegenheiten half die Tochter. „Als sie mir von der Senioren-WG erzählte, dachte ich: Warum? Ich komme doch gut alleine klar“, erinnert sich Friedrich. „Doch nach einigen Gesprächen habe ich mich dazu entschieden, hierher zu ziehen – und es nicht bereut.“

Im Gegensatz zu Friedrich leben Heinrich Schweingruber und seine Frau erst seit wenigen Wochen in der Wohngemeinschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt wohnten sie in einem Einfamilienhaus direkt am Waldrand. Als Frau Schweingruber einen Schlaganfall erlitt, war ein Leben ohne Hilfe nicht mehr möglich. „Ich bin noch relativ selbstständig, aber meine Frau bedarf der Pflege“, berichtet der 90-Jährige. „Da sie diese hier bekommt, war die Sache für mich klar: Wir ziehen in die Senioren-WG.“ Gemeinsam mit seiner Frau teilt er sich zwei Zimmer, von denen eins als Wohnzimmer genutzt wird und mit einer großen Schrankwand voller Erinnerungen ein Abbild ihres vorherigen Wohnzimmers ist.

"Auch wenn ich nicht viel Hilfe brauche, nehme ich sie doch gerne mal an."


Heinrich Schweingruber

Selbstbestimmung und Hilfe

Friedrich und Schweingruber schätzen die Mischung aus Selbstständigkeit und Unterstützung, die die WG bietet – und selbstverständlich die Gemeinschaft. Friedrich sagt: „Es ist alles sehr harmonisch hier. Wir spielen gemeinsam, verbringen Zeit miteinander. Das macht wirklich Spaß. Und braucht man mal seine Ruhe, findet man diese in den eigenen vier Wänden.“ Auch die Angebote von der Tagespflege, die sich im Erdgeschoss des Gebäudes befindet, nutzt sie hin und wieder. Über diese wird auch manchmal Essen mitbestellt – wenn nicht gemeinsam gekocht wird.

Auch, wenn beide Senioren noch selbstständig sind – hier müssen sie auch dann nicht wegziehen, wenn sie mehr Pflege benötigen. Alles ist barrierefrei, Pflegekräfte stehen zur Verfügung. Ihnen ist klar: Hier wollen sie bleiben. „Auch wenn ich nicht viel Hilfe brauche, nehme ich sie doch gerne mal an. Die Menschen hier sind freundlich und enorm zuvorkommend. Das Haus ist glänzend eingerichtet“, fasst es Schweingruber zusammen. „Ein solcher Ort ist das Beste, was einem alten Menschen passieren kann. Oder wie der Ostfriese sagen würde: Man kann schlecht meckern.“

So. Schön. Nachgezählt.

STATIONÄRE ALTENHILFE:

97
Betten im St. Vinzenz
119
Betten im Theresienhof
95
Betten im Haus der helfenden Hände
101
Betten im St. Vitus
210
Betten in Bethanien
622
Betten insgesamt

So. Schön. Nachgezählt.

DIAKONIESTATIONEN HARZ-HEIDE:

2100000
Kilometer pro Jahr im ambulanten Dienst
150000
Kilometer für die Tagespflegen
222
Fahrzeuge (davon 31 E-Autos)

Text: Lukas Dörfler // Fotos: Sara Uhde

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