Mitten in der weiten Halle des Kuba Bildungscampus in Wolfenbüttel, dem multiinklusiven Bildungs- und Beschäftigungsstandort der Mehrwerk gGmbH, steht Mirco Meyer. Der Produktionshelfer aus der Tisch- und Holzproduktion geht die am Gruppenleiter-Container angepinnten Aufträge und Skizzen durch.
Beim sorgfältigen Lesen nickt er jede Passage ab – die Aufträge, die Standortleiter Björn Stichnothe hinterlegt hat, sind nun erfasst und verstanden. Sowohl Stichnothe als auch Meyer sprechen dieselbe Sprache, was hilft, wenn neue Ideen eine Form benötigen. „Jeder versteht den anderen. Das ist ein wichtiger Faktor, um eine Zeichnung auf Machbarkeit zu überprüfen oder in einen technischen Prozess umzuwandeln“, sagt Meyer, der hier seit einem Jahr tätig ist. Er geht derweil ein paar Schritte hinüber zur Werkbank, an der zwei weitere Produktionshelfer auf ihn warten. Eine kurze Besprechung folgt, Aufgaben werden erläutert und es gehen alle an die Umsetzung.
"Man hat hier Zeit zu schauen, sich auszuprobieren, auf eine Sache einzulassen und im Austausch mit den Sozialpädagogen wieder zu sich selbst zu finden."
Bildungscampus als Anlaufpunkt
Bevor Meyer nach Wolfenbüttel kam, hatte er bereits eine Ausbildung zum Verpackungstechniker angefangen. Doch die beanspruchte ihn so sehr, dass er einfach nicht mehr weitermachen konnte. „Am Ende fühlte ich mich wie in einem Brunnen. Ich kam da einfach nicht mehr heraus“, erinnert er sich. Als ihm über das Jobcenter der Kuba Bildungscampus vorgestellt wurde, habe sich das offene Konzept für ihn gut angehört: „Man hat hier Zeit zu schauen, sich auszuprobieren, auf eine Sache einzulassen und im Austausch mit den Sozialpädagogen wieder zu sich selbst zu finden. So habe ich neue Motivation erhalten und wieder Ziele im Blick.“ Angefangen im Bereich Lager- und Logistik im Möbelkontor ging es schließlich weiter in den Holzbereich und die Tischproduktion. „Die Menschen, die zu uns kommen sind motiviert, aber der Fachanleiter muss das richtige Gespür dafür entwickeln, wie das Potenzial des Teilnehmenden aktiviert werden kann“, sagt Stichnothe. Bei Mirco sei es so gewesen, dass er ihn in das damals gestartete Teardrop-Trailer-Projekt geholt habe. Zusammen mit weiteren Teilnehmenden und Werkstudierenden baute er am Modell eines Miniwohnwagens. „Das war eine gute Zeit und ein guter Einstieg, weil wir uns gegenseitig viel zeigen konnten und ich viel Input erhalten habe“, blickt Meyer zurück.
Arbeitsprozesse bereichern
Mittlerweile stehen zwar keine Wohnwagen mehr auf dem Arbeitsplan, dafür produziert Mirco Meyer im Austausch mit Stichnothe und den Tischlern Schreibtische und Möbel. „Ich habe in dem einen Jahr so viel erlebt, gelernt und gezeigt bekommen. Ich bin einfach stolz, dass ich das alles nicht nur bauen, sondern auch gemeinsam planen kann.“ Dabei spielt auch der wertschätzende, dennoch fordernde Umgang untereinander eine wichtige Rolle. „Es ist einfach gut, dass wir uns die Korrekturen und Vorschläge gegenseitig anhören und die jeweilige Perspektive des anderen einnehmen können, das bereichert unseren Arbeitsprozess“, finden beide. Für Mirco setzt sich das im Umgang mit den Teilnehmenden fort, die er zwar nicht anweisen, sie dafür aber in ihren Arbeiten unterstützen darf. Er übertrage das erforderliche Produktionsschema so gut, dass es auch schwächere Teilnehmende mit ihren Möglichkeiten umsetzen können, findet Stichnothe und ergänzt: „Er nimmt sich für jeden Zeit, hat ein gutes Standing in der Firma. Beruflich möchten wir ihn weiter fördern, etwa mit einer Fortbildung an der CNC-Fräse, damit er eine gute Grundlage für den ersten Arbeitsmarkt erhält.“
Text: Thomas Pöllmann // Fotos: Bernhard Janitschke