Der Matsch spritzt um Helga Pischels Rollstuhl. „Achtung, Frau Pischel, jetzt kommt noch eine Senke!“ Mit ein wenig Schwung wird auch diese gemeistert. Die Bewohnenden des Senioren- und Pflegezentrums Theresienhof in Goslar sind im Wildgehege in Bad Harzburg unterwegs – und wurden auf ihrem Ausflug von einem Regenschauer überrascht. Der Freude tut es keinen Abbruch.
"Ein grauer Alltag ist dank dem Team um Birthe Stäblein Fehlanzeige."
„Das ist doch wunderbar spontan und wir haben trotz Matsch eine richtig gute Zeit!“, freut sich Helga Pischel. Früher war sie mit ihrem Mann öfter in dem Wildpark und genießt es nun sehr, wieder hier zu sein. Allein wäre das nicht mehr möglich, sie ist seit Kurzem auf einen Rollstuhl angewiesen. Doch bei diesem Ausflug – übrigens der erste mit ihrem neuen Hilfsmittel – muss sie sich um nichts sorgen: Organisiert und durchgeführt wird er von dem Begleitenden und Sozialen Dienst des Theresienhofs – und ist nur eines von vielen Highlights, die der „BuSD“ regelmäßig auf die Beine stellt. Ein grauer Alltag ist dank dem Team um Birthe Stäblein nämlich Fehlanzeige. Eigentlich kommt die Ergotherapeutin aus Oberhausen, hat hier mehrere Jahre in zwei Praxen gearbeitet. Doch als eine Freundin in den Harz zieht, verliebt sie sich bei ihren Besuchen in die Gegend, zieht her – und arbeitet seither beim BuSD des Theresienhofs. „Es ist die beste Stelle, die ich je hatte“, sagt sie. Das Team besteht aus zwölf Leuten.
Für jeden etwas dabei
Die Mitarbeitenden sind auf die verschiedenen Wohnbereiche aufgeteilt, haben immer ein offenes Ohr und kennen die Wünsche und Sorgen der Bewohnenden. Zudem bieten sie die verschiedensten Aktivitäten an. Frau Pischel sagt: „Was sie machen, finde ich eigentlich immer toll. Außer Bingo – das mag ich gar nicht!“ Und es muss auch niemand Bingo mögen. „Unsere Angebote sind so vielseitig, da ist für jeden etwas dabei“, betont Stäblein. „Wir kennen unsere Bewohnenden und wissen, was zu wem passt. Und wenn jemand mal gar keine Lust hat, ist das auch völlig in Ordnung.“ Verschiedene Sport- und Gruppenangebote strukturieren die Woche und halten die Bewohnenden fit. Und neben Aktionen wie Ausflüge in das Tiergehege, Eisessen in der Stadt, Festen und Ähnlichem lassen sich die Mitarbeitenden von Birthe Stäblein immer wieder ganz besondere Highlights einfallen. „Ich habe da wirklich ein ganz tolles Team mit unglaublichen Ideen um mich herum. Wir überraschen uns immer wieder selbst.“
Wenn das Pflegeheim zur Wellnessoase wird
Außerdem tauschen sich die Leitungen der Begleitenden und Sozialen Dienste der fünf stationären Pflegeeinrichtungen der Evangelischen Stiftung Neuerkerode untereinander aus, teilen Ideen und Erfahrungen. So wurden beispielsweise mehrere Einrichtungen kurzzeitig zu Wellnessoasen – mit Massagen, Gesichtsmasken und weiteren Angeboten zur Entspannung. Auch Olympiaden fanden vergangenen Sommer in mehreren Häusern statt. Ganz besonders war in diesem Jahr „Die Woche der Herausforderung“. Hier bekamen die verschiedenen Häuser eine Strophe der Vogelhochzeit zugeteilt und erweckten diese mit unterschiedlichen Mitteln zum Leben. Das Haus der helfenden Hände spielte sie mit Instrumenten nach, das Haus St. Vinzenz führte sie pantomimisch vor und Bethanien malte Bilder zu den einzelnen Zeilen. Das Haus St. Vitus in Seesen nutzte die eigenen Körper als Instrumente und der Theresienhof machte einen Sitztanz.
Außerdem haben Birthe Stäblein und Wladimir Mayer mit einigen Bewohnenden einen Sketch mit Tanzeinlage einstudiert, mit dem sie sogar schon im St. Vitus in Seesen aufgetreten sind. Es sind Dinge, die fit halten – körperlich und auch im Kopf.
In diesem Jahr wurde im Theresienhof erneut eine Sportwoche veranstaltet. Über mehrere Tage gab es verschiedene Sportaktivitäten. Am Ende der Woche stand das große Highlight an: Mit einem Bus ging es zum Inklusionslauf nach Neuerkerode. Hier wurden sie, während sie ihre Runde drehten, sogar vom NDR begleitet. „Das war besonders toll. Es zeigt, dass wir gesehen werden“, sagt Stäblein. „Und mir ist es wichtig, zu zeigen, dass das Leben nicht vorbei ist, nur, weil man in einer Pflegeeinrichtung ist. Bei uns geht es sehr lebendig zu und wir haben viel Spaß!“ Das kann Frau Pischel nur bestätigen: „Das hätte ich vor meinem Umzug hierher nie gedacht. Besser hätte ich es nicht treffen können.“
Text: Lukas Dörfler // Fotos: Bernhard Janitschke