Black week und Black friday sind eine besondere Herausforderung für Menschen mit Kaufsucht. Eine Klientin aus der Fachambulanz Sucht in Wolfenbüttel berichtet.
Uhren, Schmuck, Schuhe – mit einem Klick bestellte Anja F. (Name von der Redaktion geändert) unzählige Produkte. Täglich kamen Pakete bei ihr zuhause an. Pakete, die sie vor ihrem Mann lange versteckte. Die 37-Jährige war süchtig nach Online-Shopping. Vier Jahre lang ging das so. Am Ende hatte sie 150.000 Euro für Einkäufe ausgegeben.
Eine ersten wichtige Schritt heraus aus der Sucht schaffte Anja im Rahmen einer stationären Therapie. Danach besuchte sie im Rahmen einer ambulanten Therapie die Fachambulanz Sucht des Lukas-Werks in Wolfenbüttel. Doch Tage wie der Black Friday und damit die vielen verlockenden Angebote in Einkaufszentren und im Netz sind für die 37-Jährige auch heute noch eine enorme Herausforderung.
Damit sie nicht ins alte Muster verfällt, hat die 37-Jährige nicht nur gelernt, sich selbst besser zu kontrollieren, sondern sie hat auch gemeinsam mit ihrem Mann Vereinbarungen getroffen. Denn soziale Medien, Paypal, Amazon, Kauf auf Raten und Rechnungen sind bequem und einfach zu nutzen und zu konsumieren, bringen für Anja aber gleichzeitig Gefahren für einen Rückfall mit sich.
Impulskontrolle
Bei der Kaufsucht handelt es sich um eine ernstzunehmende Impulskontrollstörung, erläutert Jessica Konik, Sozialarbeiterin und stellvertretende Einrichtungsleiterin der Fachambulanz Sucht des Lukas-Werks in Wolfenbüttel. „Wenn der Leidensdruck beim Einkaufen steigt, man sihc schämt und sich fragt, wie man die nächste Mahlzeit bezahlen soll, ist es an der Zeit, das eigene Verhalten zu reflektieren.“ Besonders Frauen seien häufig betroffen, da sie oft versuchen, ihren Selbstwert durch materielle Dinge zu kompensieren.
Das Lukas-Werk bietet Menschen wie Anja Unterstützung und Beratung bei Suchtproblemen. Hier wird nicht nur therapiert, sondern auch aufgeklärt und sensibilisiert. „Es ist wichtig zu verstehen, dass Kaufsucht nicht einfach durch Willenskraft überwunden werden kann; sie erfordert professionelle Hilfe und Begleitung“, so Konik.
Für die Klientin Anja waren vor allem die Gruppengespräche im Lukas-Werk hilfreich. Dort traf sie auf Menschen mit Glücksspielsucht, Alkoholabhängigkeiten oder anderen Süchten. Gegenseitig hören sie sich, verstehen, was jemand fühlt, und geben sich auch Ratschläge und Tipps.
Beratungsangebote nutzen
In der Fachambulanz Sucht in Wolfenbüttel gibt es derzeit keine eigene Gruppe, die sich ausschließlich an kaufsüchtige Menschen richtet. „Ich glaube, es fehlt insbesondere bei diesem Thema häufig noch an einem Bewusstsein dafür. Im Gegenteil: es wird uns ja überall suggeriert, dass man immer die tollsten Schuhe und das neueste Handy haben muss“, sagt Jessica Konik. Sie appeliert an Betroffene, Angehörige und Freunde: „Wagen Sie möglichst frühzeitig den Schritt in eine Beratungsstelle.“ Das Lukas-Werk berät in seinen sechs Fachambulanzen in Südostniedersachsen anonym, vertraulich und kostenlos.