Symbolbild

Jeder Mensch hat das Recht auf Hilfe und Unterstützung

Lukas-Werk-Interview anlässlich des heutigen Overdose Awareness Day. 

Am 31. August wird weltweit der Overdose Awareness Day begangen, um den Menschen zu gedenken, die durch Überdosierungen illegaler Drogen ihr Leben verloren haben.

Das Motto lautet in diesem Jahr „Together we can!“. In diesem Kontext ist es wichtig, über die Risiken des Drogenkonsums und Maßnahmen zur Vermeidung von Todesfällen aufzuklären. David Röker, Sozialarbeiter im Kontaktcafé Ankerpunkt und Fachkraft im Bereich Assistenz beim Wohnen in der Fachambulanz Sucht des Lukas-Werks in Peine, teilt seine Erfahrungen und Einsichten zu den aktuellen Herausforderungen in der Suchthilfe und den neuen Entwicklungen im Bereich der synthetischen Opioide.

Heute ist der Overdose Awareness Day. Warum ist dieser Tag für dich und deine Arbeit so wichtig?
Dieser Tag ist eine wichtige Gelegenheit, um das Bewusstsein für die Gefahren von Drogenkonsum zu schärfen und denjenigen zu gedenken, die durch Überdosierungen gestorben sind. Es ist ein Aufruf an uns alle, drogengebrauchende Menschen nicht an den Rand unserer Gesellschaft zu drängen, sondern in den Blick zu nehmen, indem wir sinnvolle Unterstützungsangebote schaffen.

In den nächsten Jahren wird erwartet, dass sich das Konsumverhalten verändert. Was sind die Hauptursachen dafür?
Ein wesentlicher Faktor ist die Veränderung in der Verfügbarkeit von Rohopium. Nach der Machtübernahme der Taliban ist der Anbau von Schlafmohn in Afghanistan verboten, was dazu führt, dass Konsument:innen zunehmend auf synthetische Opioide.

Welche Rolle spielt Fentanyl in der aktuellen Situation?
Fentanyl ist ein großes Problem. Es kann bis zu 100 Mal stärker sein als Heroin oder Morphium. Wir sehen bereits einen leichten Anstieg von Fentanylnutzer:innen (unter unseren Klienten im Café Ankerpunkt). Die Gefahr einer Überdosierung ist enorm, da die genaue Dosierung sich schwierig gestaltet. Insbesondere beim Lutschen der Pflaster kommt es immer wieder zu Todesfällen, da Konsument:innen einschlafen und das Pflaster nicht rechtzeitig aus dem Mund nehmen können.

Wie reagiert die Suchthilfe auf diese Entwicklungen?
Wir setzen verstärkt auf neue Harm Reduction-Ansätze. Ein Beispiel dafür ist das Bundesmodellprojekt „NALtrain“, bei dem wir geschult werden, um Naloxon bereitzustellen – ein Medikament, das lebensrettend wirken kann, wenn jemand eine Überdosis erleidet. Es gibt jedoch Vorbehalte gegenüber Naloxon unter den Konsument:innen.

Was sind die Gründe für diese Vorbehalte?
Viele kennen noch die Naloxonspritze von früher. Sie haben Angst vor den unmittelbaren Entzugserscheinungen nach der Verabreichung. Der Rausch endete sehr abrupt. Doch Naloxon wird mittlerweile in Form von Nasenspray verabreicht. Die Wirkweise wurde deutlich abgemildert. Erst langsam reif ein Bewusstsein, dass die unangenehmen Folgen der Gabe von Naloxon ein geringer Preis sind, wenn die Alternative die in Kaufnahme des eigenen Todes ist. 

Wie können wir diese Vorbehalte abbauen?
Es braucht Zeit und Aufklärung. Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die unangenehmen Folgen von Naloxon geringfügig sind im Vergleich zum Risiko eines tödlichen Ausgangs bei einer Überdosis. Zudem wünschen wir uns mehr Möglichkeiten wie Konsumräume und Drug Checking in Niedersachsen, damit Konsument:innen sicherer konsumieren können.

Was wünschst du dir für die Zukunft in der Suchthilfe?
Ich hoffe auf eine breitere Akzeptanz von Harm Reduction-Maßnahmen und mehr Unterstützung für unsere Klient:innen in der Gesellschaft.

"Jeder Mensch hat das Recht auf Hilfe und Unterstützung – unabhängig von seinem Drogenkonsumverhalten. Nur so können wir gemeinsam daran arbeiten, Todesfälle durch Überdosierungen zu verhindern."

Niedrigschwellige Hilfen im Lukas-Werk

Das Lukas-Werk bietet mit dem Kontaktcafé Ankerpunkt in Peine und dem Tagestreffpunkt Café Clara in Wolfenbüttel ergänzende niedrigschwellige Hilfe- und Kontaktangebot für substituierte Opiatabhänge, um Betroffenen einen Schutz- und Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stellen. Die Mitarbeitenden stehen unter Schweigepflicht und haben das Zeugnisverweigerungsrecht.

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