Symbolbild

Legalisierung von Cannabis als Chance

Dr. Jürgen Seifert, ärztlicher Direktor des Lukas-Werkes und Leiter der Reha-Fachklinik Erlengrund zum neuen Cannabisgesetz, durch das der private Eigenanbau durch Erwachsene zum Eigenkonsum sowie der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau von Cannabis in Anbauvereinigungen legalisiert wird.

Die aktuelle Drogenpolitik

Seitd dem 1. April 2024 dürfen Volljährige in Deutschland unter Auflagen legal Cannabis konsumieren. Für die Beurteilung der nunmehr umgesetzten Teil- Legalisierung von Cannabis sollten zunächst die generellen Ziele der Drogenpolitik in Deutschland betrachtet werden. Dabei geht es vor allem um den Schutz des Einzelnen vor gesundheitlichen Schäden und den Schutz der Gesellschaft vor negativen Folgen. Die relativ restriktive Drogenpolitik hat bislang nicht dazu geführt, diese Ziele zufriedenstellend zu erreichen. Im internationalen Vergleich steht Deutschland allenfalls im unteren Mittelfeld. Trotz strafrechtlicher Konsequenzen gibt es etwa vier Millionen Menschen, die Cannabis konsumieren.

Dr. Seifert, Klinkleiter Fachklinik Erlengrund

Vulnerable Gruppen

Jugendliche und Heranwachsende bis etwa dem 20. Lebensjahr werden in der Regel durch eine solche restriktive Politik eher abgeschreckt und nicht erreicht. Das zeigt sich in den relativ hohen Nutzerzahlen in dieser Gruppe. Eine offene Diskussion bleibt zumeist aus. Gerade diese Gruppe gilt es aber besonders zu schützen, da dort bei hohem/regelmäßigen Konsum teilweise schwere Folgeschäden auftreten können (langanhaltende oder dauerhafte kognitive Störungen, Angst- und Depressionen, ggf. auch Psychosen etc.). Je eher junge Menschen Cannabis konsumieren, desto gefährlicher, weil dadurch wichtige Entwicklungsschritte behindert werden oder ganz ausbleiben. Der Umgang mit Konflikten, eine gesunde Emotionsregulierung, das Annehmen von Herausforderungen eines erwachsenen Lebens werden nicht oder nur unzureichend entwickelt, was langfristige Folgen mit sich bringt. Das gilt für Cannabis ebenso wie für den frühen Alkoholkonsum.

Gefährliche Cannabis-Mischungen

In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Wirkstoffgehalt an psychoaktivem THC in Cannabis extrem erhöht. Hinzu kommen synthetische Cannabinoide, die oftmals ebenfalls sehr heftige Effekte haben können und zunehmend von Nutzer:innen unbemerkt konsumiert werden. Dealer verkaufen solche neuen Cannabis-Mischungen gezielt, um Menschen schneller und stärker abhängig zu machen und so „Kunden“ zu binden.

Im Vergleich zu anderen (auch legalen) Suchtmitteln verursacht leichter bis moderater Cannabiskonsum bei den meisten erwachsenen Konsumenten bislang in der Regel keine ernsten körperlichen und/oder psychischen Schäden. Auch die Stärke der Sucht ist im Vergleich zu Alkohol, Nikotin oder anderen illegalen Drogen geringer.

Legalisierung als Chance

Vor diesen Hintergründen befürwortet die Lukas-Werk Gesundheitsdienste GmbH die von der Bundesregierung nunmehr begonnene Legalisierung von Cannabis und betrachtet diese als Chance, Anbau und Handel unter staatliche Kontrolle zu bringen und die Nutzer dem Zugriff der Drogendealer zu entziehen. Hierzu bedarf es aber dringend weiterer Schritte, um den nach wie vor bestehenden (und ggf. nun zunächst gestärkten) illegalen Handel konsequent zurückzudrängen. Zur Erreichung dieses Ziels kann das geplante „2-Säule-Modell“ des neuen Cannabisgesetzes einen wichtigen Beitrag leisten, wobei wir für rein staatliche Vertriebs- und Handelswege plädieren. EU- und völkerrechtliche Bedenken gegen ein solches Vorgehen, ließen sich durch die Einbettung in eine auch inhaltlich notwendiges großes Forschungsprogramm begegnen.

Cannabispflanzen

Prävention

Bei legalem Anbau, Handel und Verkauf durch staatlich zertifizierte Stellen würden eine Qualitätssicherung gewährleistet sowie ungünstige und gefährliche Beimischungen vermieden. Die staatliche Kontrolle der „Cannabis-Wertschöpfungskette“ könnte gekoppelt mit niederschwelligen Präventions- und Behandlungsprogrammen ein zukunftsweisender Weg sein. Erste Interessenten, die einen Coffeeshop im Wirkungsfeld unserer Lukas-Werk Einrichtungen eröffnen wollen, haben uns bereits wegen Präventionsangeboten kontaktiert, was wir als eine gute Entwicklung wahrnehmen. Mit einer Legalisierung könnte darüber hinaus auch die Schwelle bei problematischem, bzw. abhängigen Konsum geringer sein, sich in Beratung zu begeben.

Jugendschutz

Abschließend betonen wir: Am gesündesten ist es natürlich, keine Rauschmittel zu konsumieren. Im Bereich des medizinischen Gebrauchs gibt es einige Erkrankungen, bei denen eine positive Wirkung von THC nachgewiesen wurde. Gefährlich ist der Cannabiskonsum insbesondere für die oben beschriebene vulnerable Gruppe der Jugendlichen und Heranwachsenden. Den legalen Cannabiskonsum befürwortet das Lukas-Werk daher ausschließlich für Erwachsene. Die Einhaltung des Jugendschutzes muss hohe Priorität haben, hier wird die Gesetzeslage sicher unverändert bleiben.

In anderen Ländern ist es nach Legalisierung nicht zu dem befürchteten dauerhaften Anstieg des Cannabiskonsums gekommen, zum Teil traten bei Jugendlichen gegenteilige Effekte auf. Dennoch könnte problematisch gesehen werden, dass durch eine Legalisierung die Gefahr der Bagatellisierung steigen könnte, und dass Cannabis ähnlich dazugehört wie derzeit etwa Alkohol. Dies gilt es zu verhindern.

Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz

Warum hat sich die Bundesregierung dafür entschieden, die kontrollierte Weitergabe von Konsumcannabis an Erwachsene zu nicht-medizinischen Zwecken umzusetzen? Welche Ziele verfolgt das Cannabisgesetz und wie wird der Kinder-, Jugend- sowie Gesundheitsschutz gewahrt? Was ist verboten und was ist in welchem Umfang erlaubt? Antworten auf diese und weitere Fragen finden Sie auf den Seiten des Bundesgesundheitsministeriums.

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