Mit dem sogenannten Insourcing ist das Rittergut Beienrode voll auf der Höhe der Zeit.
Betritt man das Gelände des Ritterguts in Beienrode, auf dem sich das Haus der helfenden Hände befindet, wird man schnell an dessen landwirtschaftliche Vergangenheit erinnert. Hühner laufen umher, es gibt mehrere Beete und im Gutspark befinden sich sogar zwei Hängebauchschweine – Kotelett und Schnitzel. Auch wenn diese im Gegensatz zu ihren Namen nicht dazu da sind, um geschlachtet zu werden, wird im Haus der helfenden Hände einiges für den Eigenbedarf produziert. Insourcing statt Outsourcing ist das Motto der Stunde – ein Trend, der sich mit der Corona-Pandemie noch verstärkt hat.

Maren Warmbein ist seit 2007 in dem Senioren- und Pflegeheim auf dem Rittergut tätig und hauswirtschaftliche Betriebsleiterin sowie stellvertretende Heimleiterin. „Der Gedanke, der hinter Insourcing steckt, ist, so wenig wie möglich in fremde Hände abzugeben oder bei anderen einzukaufen“, erklärt sie. Eine Zeit lang sei es modern gewesen, vieles an externe Dienstleister abzugeben, beispielsweise Caterer oder eine Reinigungsfirma zu beauftragen.
Anders im Haus der helfenden Hände. „Wir reinigen selbst, was durchaus keine Selbstverständlichkeit ist“, sagt Maren Warmbein. Das habe verschiedene Vorteile. Die Mitarbeitenden sind flexibler und sind im Haus vernetzt, kümmern sich mit den Bewohnenden auch mal um andere Dinge, die anfallen.

Esther Katzenberger ist Warmbeins Stellvertreterin und Beauftragte für Hygiene im Haus der helfenden Hände. Gerade schreibt sie ihre Abschlussarbeit darüber, wie man Reinigungsmittel möglichst sparsam dosiert – aber dennoch genug verwendet, damit alles hygienisch und sauber ist.
Katzenberger war die erste Auszubildende von Warmbein. Allein in der Hauswirtschaft arbeiten fünf ehemalige Azubis. „Es ist gut, wenn die Menschen bei uns bleiben. Man kennt sie und ihre Stärken, weiß genau, wo man sie am besten einsetzen kann“, erklärt Warmbein.
„Es ist gut, wenn die Menschen bei uns bleiben. Man kennt sie und ihre Stärken, weiß genau, wo man sie am besten einsetzen kann."
Maren Warmbein
Auch wird das Haus der helfenden Hände nicht von einem externen Caterer beliefert, sondern hat eine eigene Küche. Dadurch werden weniger Lebensmittel verschwendet. „Unsere Köchin Frau Loh kann ziemlich genau einschätzen, wie viele Lebensmittel sie rausgeben kann, damit möglichst wenige Abfälle zurückkommen“, sagt Warmbein. Das gute Essen der eigenen Küche genießen dabei nicht nur die Heimbewohnenden, sondern auch die Gäste der Tagespflege, drei Kindergärten aus dem Umkreis und ein paar Selbstabholer sowie die Mitarbeitenden. Um die 500 Portionen werden hier Tag für Tag zubereitet.
Auch sonst versucht das Haus der helfenden Hände, die Lieferwege –wo es möglich ist – kurz zu halten. Brötchen stammen beispielsweise von dem Bäcker aus dem Nachbarort. Die regionalen Anbieter stärken auch die Bindung an die Menschen in der Umgebung. Dieses Vorgehen habe sich während der Corona-Krise bewährt, als zu manchen Zeitpunkten nicht klar war, wer was wohin liefern konnte.

„Schon vor Corona haben wir unseren Fokus auf Insourcing gelegt“, so die hauswirtschaftliche Betriebsleiterin. „Doch im Zuge der Krisen haben wir uns noch einmal verstärkt gefragt: Was können wir noch bei uns halten?“
Da hat das Haus der helfenden Hände aufgrund seiner Lage in dem ehemaligen Rittergut samt Gutspark viele Möglichkeiten. Maren Warmbein erklärt: „Jedes Heim hat seine Besonderheiten. Das Rittergut ist weitläufig und hat viel Natur. Es ist wie eine eigene kleine Welt.“
„Jedes Heim hat seine Besonderheiten. Das Rittergut ist weitläufig und hat viel Natur. Es ist wie eine eigene kleine Welt.“
Maren Warmbein
Direkt auf der anderen Straßenseite befindet sich eine Obstwiese, die ebenfalls zu dem Pflegeheim gehört, und auf der Apfel- und Kirschbäume wachsen. Auf dem Gelände selbst gibt es eine Kräuterecke und mehrere Beerensträucher. Außerdem wurden die Hochbeete wieder fit gemacht. Warmbein erzählt: „Da probieren wir eigentlich alles aus, was man so anbauen kann. Für Kartoffeln ist es zu wenig Platz, aber selbst das haben wir mal gemacht, damit die Bewohnenden sich das anschauen konnten.“ Im Park hat der Hausmeister sogar eine kleine Ackerfläche angelegt, auf der beispielsweise Bohnen angebaut werden. „Das ist richtig gut angekommen“, freut sich die stellvertretende Heimleiterin.
Dass die Erzeugnisse in der Küche weiterverarbeitet werden, ist dabei nicht der einzige Vorteil. Warmbein berichtet: „Gemeinsam mit den Bewohnenden nutzen wir diese Möglichkeiten auch zur sinnstiftenden Beschäftigung.“ Man trifft sich, um über alte Obst- und Gemüsesorten zu berichten, Setzlinge werden zusammen vorgezogen und bei einigen Arbeitsschritten sind die Senior:innen dabei. Einige hätten selbst einen landwirtschaftlichen Hintergrund, hätten sogar einst selbst auf dem Rittergut gearbeitet. Außerdem wird mit den selbstproduzierten Lebensmitteln auch mal direkt auf den Wohnbereichen gekocht. „Dieses Jahr wollen wir das noch einmal verstärken“, so Warmbein.
„Gemeinsam mit den Bewohnenden nutzen wir diese Möglichkeiten auch zur sinnstiftenden Beschäftigung.“
Maren Warmbein
Klar, man könne sich nichtvollständig ohne externe Anbieter und Kooperationspartner über Wasser halten. Doch darum gehe es auch gar nicht. Produktion für den eigenen Bedarf mit gleichzeitigem Beschäftigungsangebot für die Bewohnenden – eine Win-Win-Situation, die absolut im Zeitgeist liegt. „Es sind viele kleine Stellschrauben, an denen man drehen kann“, freut sich die stellvertretende Heimleiterin. „Wir sind auf dem richtigen Weg.“