Über den Tellerrand – Pflegeeinsatz im Ausland

Leonardo Hoppe und Benedikt Even nutzten die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Ausbildung zum Pflegefachmann am Bildungszentrum Marienstift einen fünfwöchigen Auslandsaufenthalt zu absolvieren und machten sich auf den Weg nach Zypern und Österreich

Im Vorfeld lief alles zügig und unkompliziert: Leonardo Hoppe kannte seine Arbeitszeiten, alle wichtigen Dokumente waren bereits per E-Mail ausgetauscht, selbst das Thema Arbeitsbekleidung war geregelt. „Der erste Arbeitstag war allerdings trotzdem wie ein Sprung ins kalte Wasser“, berichtet der junge Pflegeschüler nach seinem Auslandspraktikum in Paphos auf Zypern. Und das lag vor allem an der Sprachbarriere: „Ich fing um 7 Uhr morgens auf der Station `First Floor´ an, die Pflegeübergabe fand auf Griechisch statt und nicht alle Schwestern konnten Englisch sprechen. Dementsprechend verlief die Kommunikation in den ersten Tagen etwas holprig und mit Missverständnissen. 

Schnell eingespielt

"Zum Glück legte sich das schnell, schon in der zweiten Woche war ich mit dem Team gut eingespielt.“ Hoppe hatte sich für einen Einsatz im Blue Cross Hospital entschieden, eine kleine private Klinik und Kardiologisches Zentrum in Paphos und Umgebung. Daneben ist das Haus Anlaufstelle für weitere Fachrichtungen wie Gynäkologie, Pädiatrie, Neurologie und Chirurgie. Der First Floor, in dem Hoppe seinen Erasmus-Einsatz absolvierte, fasst insgesamt 19 Patientenzimmer.

Unterschiede kennenlernen

Sprachlich war es für Benedikt Even wesentlich leichter. Er machte einen Auslands-Praxiseinsatz auf der Herzchirurgie-Bettenstation des Universitätsklinikums Salzburg in Österreich, eine spezialisierte universitäre Abteilung in einem Krankenhaus der Maximalversorgung. „Mich interessierten die unterschiedlichen Herangehensweisen in der Pflegeausbildung zwischen Deutschland und Österreich.“

Die Klinik für Herzchirurgie in Salzburg führt jährlich 800 bis 900 operative Eingriffe durch. „Die Aufgabe der Pflege bestand in OP-Vorbereitung, engmaschigen postoperativen Kontrolluntersuchungen, Beobachtung der Wundheilung und aktivierender Pflege, mit dem Ziel einer zügigen Optimierung von Lungen- und Kreislauffunktionen sowie der frühestmöglichen Selbstständigkeit in allen Lebensaktivitäten“, erklärt Even. Für ihn hieß das täglich: Kontrolle von Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung und Temperatur. „Dafür stand mir ein fahrbarer Kleincomputer zur Verfügung, über den die erhobenen Daten direkt der Patientenkartei zugeführt werden konnten, ohne dass hinterher zeitraubende manuelle Übertragungen nötig wurden“, so der angehende Pflegefachmann.

Wie Even entwickelte auch Leonardo Hoppe auf Zypern nach kurzer Zeit immer mehr Routine bei seinen täglichen Aufgaben wie der Inkontinenzversorgung, Infusionen an- und abhängen, Venenverweilkanülen legen, Patienten transportieren, EKGs schreiben und Wunden versorgen. In den letzten zwei Wochen konnte er im OP- und Anästhesiebereich im Untergeschoss arbeiten. Dabei durfte er viele verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen.“ Dazu zählten unter anderem das Intubieren unter Anleitung, Medikamente vorbereiten, die Vitalzeichenkontrolle und die Assistenz während der Operation.

„Damit konnte ich über meine Ausbildungsinhalte hinaus viel über Operationsmethoden und Krankheitsbilder lernen. Einige Operateure des Blue Cross Hospitals haben in Deutschland studiert, ich konnte mich daher gut mit ihnen austauschen und detaillierte Fragen stellen. Da habe ich viel draus ziehen können.“


Leonardo Hoppe, Angehender Pflegefachmann am Bildunsgzentrum Marienstift

Horizonte erweitern

Benedikt Even machte ähnliche Erfahrungen. „Das standardisierte Programm zur OP-Vorbereitung bei jeder Neuaufnahme etwa wird mir im weiteren Verlauf meiner Ausbildung und Berufstätigkeit eine wichtige Hilfe sein. Von den regelmäßig auf der Station arbeitenden Physiotherapeuten habe ich mir eine Reihe einfach durchführbarer Übungen zur Prophylaxe postoperativer Atemwegserkrankungen zeigen lassen, zu denen wir Pflegenden die Patienten vor OP und besonders postoperativ immer wieder anleiten und ermuntern können; diese werden mir in jedweder Situation künftiger Pflegearbeit hilfreich sein.“

Und dann sind da noch viele Erfahrungen abseits des beruflichen Alltags, die die beiden Auszubildenden im Rahmen ihres Erasmus-Praxiseinsatzes wichtig sind. „Nicht schön, aber relevant fand ich die Auseinandersetzung mit Unterschieden auf gesellschaftlicher und sozialer Ebene. Ein Beispiel: Im Allgemeinen sind die Lebenserhaltungskosten in Paphos genauso teuer wie in Deutschland, bei jedoch halb so hohem Verdienst. Viele Zyprioten müssen daher nach ihrer Arbeit einen Minijob nachgehen, um ihren Lebensstil aufrechtzuerhalten“, erläutert Hoppe. Doch er hat auch viele positive Erinnerungen; er berichtet von ersten Freundschaften, die er abseits der Arbeit geschlossen habe; von bis dahin unbekannten zypriotischen und griechischen Spezialitäten; von erholsamen Ausflügen in andere Städte und an den Strand. „Meine Highlights im Freizeitbereich waren definitiv der Paphos Aphrodite Waterpark und das Archaeological Site of Nea Paphos“.

Es lohnt sich!

Even schwärmt von Salzburg und der Umgebung wie dem Untersberg oder dem Königssee sowie im weiteren Umkreis auch die Landeshauptstadt Wien. Sein Fazit nach dem fünfwöchigen Auslandsaufenthalt über Erasmus+, einem Förderprogramm der Europäischen Union: „Mein Praxiseinsatz war eine sehr produktive Erweiterung meines bisherigen Erfahrungshintergrundes. Organisatorisch kamen mir das Krankenhaus und meine Einsatzstation sehr entgegen. Die Arbeit forderte mich aufgrund des für mich bisher praktisch unbekannten Spezialgebietes heraus, aber das gesamte Pflegeteam half mir dabei mich zügig einzuarbeiten und zu einer gewissen Arbeitsroutine zu finden. Ich bedanke mich beim gesamten Team der Herzchirurgie-Bettenstation dafür, dass sie mich sehr freundlich aufnahmen und mich nach Kräften gefordert und gefördert haben.“

Und auch Hoppe kann Erasmus+ nur jedem empfehlen: „Ich bin froh berufliche und private Erfahrungen gemacht haben zu dürfen. Es lohnt sich, über den Tellerrand hinauszuschauen. Das gibt auf jeden Fall auch einen Schub in der eigenen Persönlichkeitsentwicklung.“

 

Ausbildung am Bildungszentrum Marienstift

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