Der HEP-Künstler

Keno Hannemann wollte eigentlich freier Künstler werden, doch nun findet er in der Heilerziehungspflege seine Erfüllung.

Oft läuft im Leben alles anders als geplant. Und manchmal ist das auch verdammt gut so. Diese Erfahrung hat Keno Hannemann gemacht, der mittlerweile im zweiten Jahr seiner Ausbildung an der Fachschule Heilerziehungspflege (HEP) in Neuerkerode ist – und das, obwohl er eigentlich ganz andere Pläne hatte. „Es ist richtig gut, dass alles so gekommen ist, wie es jetzt ist“, sagt der 28-Jährige. 

„Ich bin mit meiner Ausbildung wirklich zufrieden. Sie erfüllt mich.“

Start als Hilfskraft

Eigentlich hatte Keno einen ganz anderen Weg eingeschlagen: Er studierte zunächst in Braunschweig Freie Kunst. Doch irgendetwas fehlte ihm. Nur was? Mit 24 wird ihm klar, dass er bald nicht mehr familienversichert ist. Er beschließt, sich einen Job zu suchen – und bewirbt sich bei der Evangelischen Stiftung Neuerkerode als Hilfskraft in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung.

Doch auch hier läuft es erstmal nicht wie geplant. Es ist 2020, gerade ist die Corona-Pandemie auch in Deutschland angekommen. Keno sitzt an der Bushaltestelle, ist auf dem Weg nach Neuerkerode. Das Vorstellungsgespräch steht an. Dann klingelt sein Handy: Der Termin wird abgesagt. Eine Schutzmaßnahme zur Eindämmung der Pandemie.

Drei Monate später ist es dann doch soweit: Keno beginnt als Hilfskraft in einer Wohngruppe am Lindenplatz. „Das war eine intensive Erfahrung, da ich die Arbeit mit erwachsenen Menschen mit Behinderung so vorher nicht gemacht habe“, erzählt Keno. Ganz unerfahren ist er jedoch nicht, da er bereits ein FJS in der Behindertenhilfe gemacht hat.

Die Arbeit macht ihm Spaß – und er empfindet sie als erfüllend. „Während meines Kunststudiums habe ich mich manchmal gefragt, wofür ich das eigentlich mache“, erinnert Keno sich. „Das ist jetzt anders. Ich weiß nach der Arbeit, was ich gemacht habe – und auch, dass es etwas Sinnvolles war.“

Doch noch einmal Schule?

Er ist gut, in dem was er tut. Mit seiner offenen, zugewandten Art fällt es ihm leicht, Menschen für sich einzunehmen. Manchmal könnte er vielleicht etwas strenger sein, bekommt er hin und wieder gesagt. Aber das möchte er nicht. Die Bereichsleitung ermutigt ihn, eine Ausbildung an der Schule für Heilerziehungspflege zu machen. Keno sagt: „Eigentlich hatte ich genug von Schule und Studium und dachte mir: Nicht noch einmal drei Jahre.“ Doch die Bereichsleitung lässt nicht locker, macht für Keno einen Termin in der Schule – und schließlich beginnt er seine Ausbildung, berufsbegleitend. Seine Praxisstelle für das erste Ausbildungsjahr bleibt die Wohngruppe am Lindenplatz.

Vorteil: Ausbildung direkt im inklusiven Dorf

Die Beziehung zu den Bewohner:innen dort ändert sich durch seinen neuen Status nicht. Doch es gibt Veränderungen: Zwei seiner Kolleginnen teilen sich die Mentorinnen-Arbeit und werden ihm an die Seite gestellt, gemeinsam reflektieren sie Kenos Arbeit. „Außerdem bin ich selbstbewusster geworden, meinen eigenen Standpunkt zu verteidigen“, sagt der HEP-Schüler. Dafür gibt ihm nun die Ausbildung das nötige Fachwissen, um seine Ansichten argumentativ zu untermauern.

Und wenn es doch mal Konflikte gibt, kann er diese in der Schule niedrigschwellig ansprechen. „Dadurch, dass die Schule direkt in Neuerkerode liegt, kennen meine Lehrkräfte und Mitschüler:innen das Dorf und die Menschen, die dort leben“, so Keno. „Den fachlichen Input kann man dann direkt wieder in die Arbeit einbringen. Das halte ich für eine große Stärke dieser Schule.“ Und selbst das Lernen fällt ihm leichter. Der 28-Jährige sagt: „Das schulische System mit seinen festen Strukturen tut mir gut. Das hätte ich zuvor nicht gedacht.“

Mit der Ukulele in die Wohngruppe

Nach einem Jahr als Hilfskraft und dem ersten Jahr ist es für Keno Zeit, Abschied von seiner Wohngruppe zu nehmen. Während der Ausbildung durchläuft er verschiedene Stationen. Und auf das, was nach der Arbeit in der Wohngruppe auf ihn zukommt, freut er sich sehr: Er wird ein Jahr in der Musikpädagogik arbeiten.

Nachdem Sommer: Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

Die Zeit in der Musikpädagogik neigt sich gerade dem Ende. Kenos Praxisstelle für das dritte Ausbildungsjahr ist noch offen, als er nach der Schule einen Kollegen trifft. „Der wusste von einer freien Stelle beim Familien entlastenden Dienst (FED) in Braunschweig. „Bevor ich darüber nachdenken konnte, hatte er schon die Nummer gewählt“, erzählt er. Drei Tage später stellt er sich in Braunschweig vor. Er bekommt die Stelle. „Die ist mir ganz unverhofft zugeflogen“, freut sich Keno. Beim FED geht es unter anderem um die Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche. „Einen kleinen Einblick habe ich bereits bekommen, aber da gleicht kein Tag dem anderen“, sagt der HEP-Schüler. „Es bleibt also spannend. Und das finde ich gut so.“

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