Präventionsarbeit ist in der Suchthilfe ein großes Thema mit vielen verschiedenen Aspekten. Darum betrachten wir im Blogbereich unserer Homepage in regelmäßigen Abständen verschiedene Bereiche, mit denen unsere Expert:innen aus dem Lukas-Werk im Rahmen der Präventionsarbeit in Berührung kommen. Passend zum Safer Internet Day heute, der in diesem Jahr unter dem Titel „Let’s talk about Porno“ läuft – werfen wir einen Blick auf Pornografie im Netz. Das Präventionsteam „Jugendschutz – Und Du?“, in dem zwei Mitarbeiterinnen unserer Lukas-Werk Fachambulanz Northeim gemeinsam mit dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz im Landkreis Northeim und der Polizeiinspektion Northeim aktiv sind, beschäftigt sich mit dem Thema. Unsere Expert:innen erläutern die Gefahren von pornografischen Inhalten für Kinder und Jugendliche im Netz und wie Präventionsarbeit helfen kann.
Dass Kinder und Jugendliche auf pornografische Materialien im Internet stoßen, ist keine Seltenheit: Etwa die Hälfte der Jungen und ein Drittel der Mädchen hatte bis zum Alter von 14 Jahren bereits Kontakt zu Pornografie. Viele Jungs werden bereits vor dem zehnten Lebensjahr mit Pornos konfrontiert. Teilweise geschieht dies durch das bewusste Anklicken von Pornowebsites, aber auch ungewollt, durch Zusendungen von Pornografie in Chatgruppen oder beim Surfen im Netz. „Viele Inhalte können verstörend wirken und zu einer Überforderung führen“, sagt Kimberly Zajonz von der Lukas-Werk Fachambulanz Northeim. „Zudem besteht die Sorge, dass das Gehirn eines sich entwickelnden Kindes die Reize von Pornografie noch nicht angemessen verarbeiten kann.“ Im ungünstigsten Fall kommt es zu einer nachhaltig negativen Beeinflussung des Kindes. Dabei gilt: Je jünger Konsument:innen sind, desto problematischer ist der Konsum.
Die möglichen Auswirkungen von frühem Pornokonsum
Im Falle eines regelmäßigen Konsums pornografischen Materials, das Gewalt beinhaltet, spielt die Präventionsarbeit eine noch wichtigere Rolle, um möglicherweise sexuell übergriffiges oder aggressives Verhalten vorzubeugen. Dies kann geschehen, indem das Einfühlungsvermögen der Konsument:innen gestärkt wird. Antonia Wloch vom Fachbereich Kinder und Familie des Landkreises Northeim sagt: „Pornografische Inhalte können zudem zu stereotypischen Geschlechtsrollenbildern und sexistischen Einstellungen führen. Insbesondere Mädchen berichten über Verunsicherungen infolge unrealistischer Vergleichsmaßstäbe bezogen auf ihr Äußeres.“
So kann Präventionsarbeit funktionieren
Kinder und Jugendliche benötigen eine Orientierungshilfe im Umgang mit Pornografie. Das Thema Pornografie sollte zudem ausführlicher in den Schulen behandelt werden. Hier ist es durchaus sinnvoll junge Erwachsene, die bereits Erfahrungen bezüglich der Thematik gemacht haben, miteinzubeziehen. Mit diesen können sich die Jugendlichen einerseits identifizieren und bekommen andererseits kompetente und erfahrene Ansprechpartner zur Seite gestellt.
„Wichtig ist zu betone, dass die Aufklärungs- und Erziehungsarbeit trotz allem bei den Erziehungsberechtigten liegt“, so Lisa König von der Lukas-Werk Fachambulanz Northeim. „Da es nicht möglich ist, Kinder von den genannten Inhalten fernzuhalten, ist es umso bedeutender, den Kindern ein positives, ganzheitliches Bild von Sexualität und einen befreiten Umgang mit ihr zu vermitteln.“
Sexuelle Selbstbestimmung, individuelle Grenzen, aber auch die Rücksichtnahme und Toleranz gegenüber sexueller Vielfalt sollte ihnen nahegebracht werden. Auch sollte über die strafrechtlichen und ethischen Aspekte des Konsums und illegaler Angebote (beispielweise Inhalte, die sexualisierte Gewalt gegen Kinder zeigen) gesprochen und aufgeklärt werden. „Hier stellt nicht nur die Verbreitung, sondern allein schon der Besitz eine Straftat dar“, betont Thomas Sindram von der Northeimer Polizei.
Hintergrundinformationen
- Sexuelle Handlungen gem. §184h StGB (Begriffsbestimmungen): Jede menschliche Handlung, die objektiv, d.h. nach dem äußeren Erscheinungsbild einen eindeutigen Sexualbezug aufweist, ohne dass es auf eine sexuell motivierte Absicht ankommt, jedoch muss auf der subjektiven Seite der Täter sich des sexuellen Charakters seines Tuns bewusst sein. Sexuell ist die Handlung dann, wenn sie unmittelbar das Geschlechtliche im Menschen betrifft.
- Kindern (0 – 13 Jahre) gegenüber sind alle sexuellen Handlungen als sexueller Missbrauch strafbar – egal ob diese mit oder ohne Körperkontakt durchgeführt werden. Dies gilt auch dann, wenn das Kind vermeintlich einverstanden ist oder die sexuelle Handlung sogar veranlasst. Der Hintergrund ist, dass Kinder ihre Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung noch nicht entwickelt haben und deswegen nicht in der Lage sind, eigenständig in sexuelle Handlungen einzuwilligen.
- Bei Jugendlichen (14 – 17 Jahre) geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese sich sexuell entwickeln und ausprobieren dürfen und sollen. Um sie dennoch wirksam zu schützen, hängt die Strafbarkeit der Handlungen davon ab, ob zwischen ihnen und der anderen Person ein sogenanntes Obhutsverhältnis besteht, etwa gegenüber Eltern oder Lehrer:innen, oder ob die Jugendlichen wirklich freiwillig und selbstbestimmt gehandelt haben. Um dem unterschiedlichen Entwicklungsstand gerecht zu werden, unterscheidet das Gesetz bei der Festlegung der sogenannten Schutzaltersgrenzen zudem zwischen Jugendlichen unter 16 Jahren und Jugendlichen unter 18 Jahren.
Über das Netzwerk
Das Netzwerk „Jugendschutz – Und Du!?“ beruht auf einer langjährigen Präventionsarbeit zu verschiedenen Jugendschutzthemen. In regelmäßigen Abständen werden unter anderem kostenfreie online Elternabende organisiert. Für Fragen und Beratung – kostenlos, unverbindlich und unter Einhaltung der Schweigepflicht – stehen Ihnen die Präventionsfachkräfte des Lukas-Werks jederzeit zur Verfügung.
- Die Kontaktaufnahme ist telefonisch unter 05551.908206 0 und per Mail an fa-northeim@lukas-werk.de möglich.
- Auch an den Erzieherischen Kinder- und Jugendschutz des Landkreises Northeim können Sie sich unter der Telefonnummer 05551.708295 und per Mail an jugendpflege@landkreis-northeim.de wenden.
- Die Fachkräfte des polizeilichen Präventionsteams stehen Ihnen unter der 05551.70050 und per Mail praevention@pinom.polizei.niedersachsen.de zur Verfügung.